Die Jugendanwaltschaft des Kantons Zürich hat 2016 eine Erhebung gemacht: Immer mehr Kinder und Jugendliche machen sich mit dem Versand pornographischer Filme strafbar. Oft wird WhatsApp verwendet. Was können Eltern tun?

In der NZZ am Sonntag vom 8. Januar 2017 wird unter dem Titel „Sex-Filme im Klassen-Chat“ auf den Bericht der Jugendanwaltschaft eingegangen. Auch andere Kantone bestätigen eine massive Zunahme solcher Fälle. Als eine Ursache wird das grosse Angebot an problematischem Material im Internet vermutet. zischtig.ch führt das Phänomen jedoch auf andere Gründe zurück: Es sind immer mehr Kinder, die bereits ein Smartphone haben. Wenn Bei Kindern von 10 bis 13 etwas in diese Richtung vorfällt, so wird das eher gebeichtet, gemeldet und folglich dann strafrechtlich verfolgt. Darüber, wie die Kinder über WhatsApp pornographisches Material erhalten, haben wir bereits 2013 berichtet: „Pornos auf WhatsApp?“.

 

Nur provozieren

zischtig.ch kann auf dem Hintergrund von unzähligen Gesprächen mit Jugendlichen bestätigen, dass die weiteren Gründe oft beim Mangel an Selbstkontrolle, beim Bedürfnis „mal zu provozieren“ oder der Langeweile liegen. Leider wird das Problem häufig nur von den Aspekten „Recht“ und „Medienkompetenz“ her angegangen. Aber rechtliche Aufklärung reicht nicht. Die Prävention muss sich an der Lebenswelt und der Lebensbewältigung der Jugendlichen orientieren. zischtig.ch hat seine Schulungen daher stark mit den Geschichten der Kinder und Jugendlichen verknüpft.

 

Videos können belasten

Die Brutalität der 2016 versandten Filme hat massiv zugenommen. Krasse Videos, wie das im Artikel erwähnte „Penis-Abtrenn-Video“ sind für Kinder eine echte Belastung. Es sind grausame Bilder, die sich nachhaltig in den Köpfen festsetzen. Leider können viele Kinder weder mit Eltern noch mit Lehrkräften über solches reden. Vielleicht will man es auch nicht so genau wissen. Schliesslich brauchen die Kinder ihren „Freiraum“.

 

Nicht bloss ein Kavaliersdelikt

Was gerne vergessen geht: Bereits ab 10 Jahren sind die Kinder strafmündig. Das heisst: Wenn ein 10-jähriger seinem Kumpel ein Porno-Video zustellt oder zeigt, so macht er sich strafbar. So könnte es kommen, dass er im Kanton Zürich über die Jugendanwaltschaft zu einem Medienkurs mit zischtig.ch verurteilt wird.

 

Elterlicher WhatsApp-Kurs für Kinder

abb 160613 fingertipps whatsappWhatsApp führt bei praktisch allen Kinder und Jugendlichen erst mal zu Problemen. Da Kindersicherungen bei WhatsApp nicht greifen gehören Gespräche und Instruktionen zwingend dazu. Wir empfehlen, mit den Kindern die Finger-Tipps für WhatsApp durchzugehen. Sie finden diese im Artikel „WhatsApp für Kinder? Was müssten sie wissen?“

 

Gespräche über Pornographie beginnen

Weiter würde es den Kindern helfen, wenn sie von Eltern und weiteren Erwachsenen auf die Konfrontation mit Pornographie vorbereitet würden. Es sollte erklärt werden, warum es Pornographie und Gewalt gibt, dass ganz unterschiedlich darauf reagiert wird und dass man sich Rat suchen darf. Somit kommen die Themen aus der Tabuzone und werden verarbeitbar. Wichtig: Versprechen Sie dem Kind einen unaufgeregten Umgang.

Erfahrungsgemäss ist es schwierig, solche Gespräche überhaupt zu starten. Die folgenden drei Tipps könnten helfen:

  • Umbrüche nutzen: Vielleicht hat ihr Kind eben erst ein Smartphone erhalten. Oder es geht zum ersten Mal mit dem Smartphone zur Schule? Dies wäre eine gute Gelegenheit das Thema wie folgt anzusprechen: „Du hast nun ein Handy mit WhatsApp und anderen Diensten. Damit wirst du irgendwann auch Sex-Filmchen erhalten. Ich weiss, dass es vielleicht nicht so angenehm ist, darüber zu sprechen. Darum ist es ganz gut, wenn du weisst, dass ich davon weiss. Ich weiss sogar davon, dass Kinder manchmal einfach Streiche spielen oder provozieren wollen. So kommst vielleicht sogar du mal auf die Idee, ein Porno-Filmchen rumzuschicken. Die Idee zu haben, ist nicht schlimm. Es zu tun ist aber nicht ok. …“ Ist der Einstieg gemacht, sind oft weiterführende Gespräch möglich.
  • Artikel nutzen: Eine ähnliche Gelegenheit bieten auch solche Artikel, wie jener aus der NZZ am Sonntag: „Ich habe gelesen, dass es immer wieder zum Versand von pornographischen Filmen, von Gewalt-Aufzeichnungen und so kommt. Mir ist ganz wichtig, dass du weisst, dass wir ohne grossen Stress über solches reden können. Schliesslich kann das schon beschäftigen. Ich nehme an, dass das in deiner Altersgruppe oder bei Älteren auch schon vorgekommen ist?“
  • Gesprächsgelegenheiten nutzen: In Vielen Familien gibt es ja bereits festgelegte Momente für Planungsgespräche, Familiengespräche und ähnliches. Bei uns war es oft der Sonntagabend nach dem Essen. Wir sprechen über die kommende Woche, über aktuelle Themen und weitere gegenseitige Erwartungen. „… Übrigens: Ich wollte mal das Thema Pornograpie im Chat ansprechen. Habt ihr hierzu bereits Erfahrungen?“