Kinder sind früh mit Pornographie, unsittlicher Werbung und entsprechenden Angeboten konfrontiert. Leider ist dieser Aspekt der Geräte- und Internetnutzung oft tabuisiert. Das Gespräch zum Thema fällt vielen schwer. Es gibt jedoch einfache Tricks um damit zu starten. 

Der siebenjährige Sohn hat sich ein Spiel aufs Tablet runter geladen. Dieses finanziert sich durch Werbung. Auch Werbung für erotische Dienste im Netz. „Noch heute einen Fickpartner finden!“ verspricht eine Anzeige. Zu sehen sind nackte Frauen mit gespreizten Beinen. Die sechsjährige Tochter darf beim Autofahren mit dem Handy des Vaters spielen. Auf diesem findet sie wider erwarten ganz viele Bilder von nackten Paaren beim Geschlechtsverkehr. Die Viertklässler haben sich im Gruppen-Chat kurze Porno-Videos zugestellt. Gedacht war das Ganze als Scherz.

 

Hilfe! Mein Kind hat Pornos gesehen!

Für Eltern sind solche Vorkommnisse oft mit Stress verbunden. Wie reagiere ich? Man will ja nicht gleich sagen, dass Sex eine ganz tolle Sache ist und Erotika wie Pornografie einfach eine Möglichkeit wären, für entsprechendes Erleben anzuregen. Was ist die gute Vorgehensweise? Vielleicht will man das Kind ja auch nicht brüskieren. Schliesslich weiss es nicht, dass es erwischt wurde. Besser wegsehen? Darauf vertrauen, dass das schon gut kommt? Schliesslich haben die eigenen Eltern auch nie offensiv über solche Themen gesprochen. Und wenn, dann erst so auf die Pubertät hin.

 

Darüber reden ist schwierig

Nach Elternabenden werden wir oft auf das Problem angesprochen: „Ich weiss, dass ich mit meinem Sohn mal darüber reden sollte. Aber ich schaff das einfach nicht. Das ist mir doch viel zu peinlich.“ Dieses Empfinden ist völlig normal. Schliesslich geht es um ein Thema, das die wenigsten öffentlich verhandeln. Sexualität betrifft einen intimen Teil unseres Lebens. Und nur schon „die Gefahr“, dass mein Kind etwas wissen möchte, worüber ich keine Auskunft geben möchte, schafft ein diffuses Unbehagen. Hinzu kommt, dass es Eltern schwer fällt, das eigene Kind als sexuelles Wesen zu sehen. Auch das ist normal. Es ist also völlig ok zu merken, dass man über Pornographie „und Ähnliches“ nicht so einfach reden kann.

 

Warum soll man mit Kindern über Pornos sprechen?

Das Gespräch über sexuell konnotierte Webinhalte, über Pornographie etc. sollte dann stattfinden, wenn Ihr Kind das erste Mal mit solchen Inhalten konfrontiert wird. Es hat zum Zweck aufzuzeigen, dass man mit Mami oder Papi darüber sprechen kann. Insbesondere, wenn das Kind etwas Verunsicherndes oder Belastendes gesehen hat. Es geht also nicht darum, die gesamte Pornowelt zu erklären oder zu verteufeln. Eigentlich sollte folgende Message rüberkommen: „Menschen lieben Sex. Rund um den Sex gefällt es auch vielen, Bilder und Filme mit nackten Menschen oder Sex zu sehen. Das ist nicht einfach schlecht. Mami und Papi haben solche Bilder und Filme auch schon gesehen. Du musst wissen, dass du immer zu uns kommen kannst, wenn du da etwas siehst, dass dir ein komisches Gefühl macht. Und: Pornos sind eigentlich nicht für Kinder. Das ist wie mit dem Wein trinken und Auto fahren. Das ist für Erwachsene. Trotzdem können wir dich nicht vor solchen Internetseiten, Werbungen und Chat-Angeboten schützen. Darum ist es einfach wichtig zu wissen, dass es das gibt und dass du mit uns darüber reden kannst. Es gibt keine Strafen. Es ist ok.“

 

So kommt man einfacher ins Gespräch

Aller Anfang ist schwer. Danach wird es einfacher. Daher gilt: Suchen Sie sich einen Einstieg der Ihnen entspricht. Folgendes kann für ein erstes Gespräch helfen:

  • Es ist einfacher, nicht gleich über die „Probleme“ zu sprechen. Folglich ist es sinnvoll, zu überlegen, wie man als Mutter oder Vater mit den Kindern Aufklärung betreiben kann. Hierzu gibt es viele Bücher (siehe Links zum Schluss dieses Artikels). Oft gelingt es von dieser Seite her das Phänomen der Pornographie aufzunehmen.
  • Ein weiterer Zugang kann sein, dass wir alle unschönen Wörter aufnehmen und erst danach fragen – natürlich möglichst unaufgeregt – woher sie diese Worte haben und wie sie vom Kind gedeutet werden. Bei diesem Gespräch können Sie als Vater oder Mutter auch erklären, dass es für viele Begriffe schönere Worte gibt. Meist sprechen die Kinder heute einfach vom „Ficken“. Logisch. Sie lesen im Internet keine anderen Begriffe. Sie können den Kindern helfen, eine differenziertere Sprache zu erlernen. Erklären Sie, wie Geschlechtsverkehr erwachsen benannt werden kann: „Miteinander schlafen“, „Liebe machen“ oder „Sex haben“.
  • Wenn das Thema Pornographie auftaucht, kann es hilfreich sein, von früher zu erzählen. Wie war das in den neunziger Jahren? Damals hatten viele noch kein Internet. Dafür gab es die Sexheftli am Kiosk oder die Altpapiersammlung. Viele Jungs haben sich die Unterwäsche-Seiten aus den Katalogen rausgerissen. Diese Zeit ist uns Eltern bekannt. Darüber berichten geht einfacher als über einen möglichen, aktuellen Pornokonsum im Internet zu erzählen. Über die altmodischen Begriffe wie Sexheftli kann auch das benennen von Aspekten der Sexualität geübt werden. Für die Kinder wird zudem spürbar, dass die Eltern auch mal jung waren.
  • Schlussendlich kann es auch sein, dass man den Zugang über die eigene Unsicherheit wählt. Es ist zum Beispiel völlig in Ordnung, wenn Eltern kurz und bündig durchgeben:
    • „Ich weiss, dass du schon mal pornographisches Material gesehen hast. Und eigentlich müsste ich jetzt mit dir darüber reden. Das fällt mir aber total schwer. Ich habe das leider nie gelernt.
    • Es ist mir aber wichtig, dass du Folgendes weisst: Wenn du von dir her kommst und etwas wissen willst, so werde ich alles geben, um dir zu helfen das zu verstehen.
    • Und: Es ist auch nicht so, dass Pornographie etwas völlig Unanständiges wäre. Es ist nur so, dass es da auch  entwürdigende oder gar verbotene Sachen gibt. Trau deinem Gefühl. Wenn etwas kommt, dass du „gruusig“ findest, so klick es einfach weg.
    • Und wenn etwas kommt, dass Angst macht, so sprich mit einer erwachsenen Person darüber. Wenn das mit mir nicht gehen sollte, so ist es auch ok, wenn du damit zur Schulsozialarbeit oder zu deiner Lehrerin gehst.“

Erfahrungsgemäss können gerade solche Ansagen zu einem ersten, vorsichtigen aber konstruktiven Gespräch führen.

 

Haben Sie weitere gute Tipps für Eltern? Hinterlassen Sie an dieser Stelle einen Kommentar.

Unter Berücksichtigung von Beiträgen von Raphael Staubli.