Im Anschluss an Elternabende werden wir oft gefragt: Ist mein Kind vielleicht onliesüchtig? Muss ich mir Sorgen machen? Vergleiche mit der „normalen“ Bevölkerung bringen da wenig. Die meisten Menschen sind (zu-)viel online. Weiter hilfreicher ist die Frage nach „möglichen Nachteilen, die aufgrund der bersonderen Mediennutzung“, auftreten können. 

Eltern, die ihre und andere Jugendlichen beobachten haben leicht den Verdacht, ihr Kind könnte onlinesüchtig sein. Selbst wenn man bedenkt, dass die Tochter oder der Sohn ja vor allem mit den gleichaltrigen Kollegen chattet, kommt ein ungutes Gefühl auf. Dauernd auf Instagram und WahtsApp, viel am Gamen oder Youtube-Videos anschauen. Man ahnt, dass es Probleme geben könnte. Und doch finden Sie nirgends klare Checklisten: „Wenn das oder das und das zutrifft, dann ist ihr Kind onlinesüchtig.“

Das Thema scheint zur Zeit aus verschiedenen Gründen zurückhaltend thematisiert. Zum einen müssen wir feststellen, dass ohnehin viele Menschen sehr viel online sind. Auch Erwachsene, die wenige Minuten auf den Bus warten müssen gehen online und checken Mails oder News. Im Zug beugen sich alle über ihre Displays oder haben Stöpsel im Ohr. Sind die jetzt alle onlinesüchtig?

Vielleicht haben sie auch irgendwo gelesen, es gebe gar keine Onlinesucht. Leider gibt es Medie die solche Nachrichten verbreiteten. Sie müssen jedoch wissen, dass es bei solchen Diskussionen meist um (Versicherungs-) Geld geht. Niemand will für die Therapie aufkommen, also gibt es diese Sucht einfach nicht.

 

Probleme durch besondere Mediennutzung

Ob es nun um eine Sucht im klassischen Sinne geht oder nicht, ist ohnehin nicht von Belang. Auch eine triebhafte Internet-Nutzung ist nicht gut. Das zwanghafte Spielen wird Schwierigkeiten mit sich bringen. Unbestritten ist, dass es eine problematische Mediennutzung gibt. Also eine Art die Medien so zu nutzen, dass Probleme entstehen. So kann die Mediennutzung dazu führen, dass Kinder oder Jugendliche folgende Nachteile erfahren:

  • Sie verlieren wichtige Beziehungen zu anderen Altersgenossen.
  • Mit dieser Erfahrung verlieren sie den Mut auf Altersgenossen zuzugehen.
  • In dieser Isolation sind sie besonders gefährdet eine Depression zu entwickeln.
  • Weil sie gedanklich immer mit den Medien beschäftigt sind, wollen Schule und Hobby nicht mehr so recht gelingen.
  • Die Kinder oder Jugendlichen fühlen sich unverstanden.
  • Die Entwicklung von Körper, Kreativität und emotionaler Reife ist behindert.
  • Die gesamte Entwicklung hin zu einer starken und erfolgreichen Persönlichkeit misslingt.

Als Eltern machen Sie vielleicht Beobachtungen, die in eine solche Richtung weisen. Wenn die Zeichen deutlich sind, so ist es auf jeden Fall angezeigt, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Wenn Sie Sich nicht sicher sind, so gibt es weitere Möglichkeiten, sich etwas mehr Klarheit zu verschaffen.

 

11 Fragen zur Klärung

Sucht jemand beim Zentrum für Spiel und andere Verhaltenssüchte Zürich Hilfe, so wird unter anderem mit einem Fragebogen1 von vierzehn Punkten nach Hinweisen zur Zwanghaften Internet-Nutzung gesucht . Aus diesem Analyse-Instrument lassen sich natürlich auch Fragen für Eltern ableiten. Nachstehend mit Anpassungen, welche auf dem Hintergrund der Erfahrungen von zischtig.ch sinnvoll sind. Überlegen Sie zu folgenden Punkten: Inwiefern trifft dies für mein Kind zu? Nie? Selten? Manchmal? Häufig? Sehr häufig?

  1. Ist es für das Kind schwierig, auf ihre Anweisung hin ein Gerät auf die Seite zu legen, ein Spiel zu beenden oder den Chat ruhen zu lassen?
  2. Haben Nachbarn, andere Kinder, Ihr Partner / Ihre Partnerin auch schon darauf hingewiesen, dass das Kind allenfalls zu viel Bildschirmmedien nutzt?
  3. Kommt es vor, dass ihr Kind lieber digitale Medien oder den Fernseher nutzt als mit anderen Kindern abzumachen? Insbesondere dann, wenn eigentlich sonst akzeptierte „Gschpäänli“ angefragt haben?
  4. Dass Kinder ihre Hobbys wechseln ist normal und gesund. Wie sieht es aber so im allgemeinen aus? Hat ihr Kind noch Hobbys die ohne Bildschirm und Internet auskommen? Oder werden die Hobbys immer weniger?
  5. Kinder verspüren normalerweise einen regelmässigen Drang ihre Umwelt zu entdecken. Natürlich schliesst dies das Internet, Apps und Kommunikationstechnologien mit ein. Doch wie sieht es mit dem Quartier, den Gruppen von Gleichaltrigen und neuen Offline-Beschäftigungen aus? Ist der Drang die Umwelt zu entdecken eingeschränkt?
  6. Erledigt das Kind seine Ämtli, Hausaufgaben und andere Arbeiten nicht oder schludrig, nur um möglichst schnell und viel zu Chatten, Youtube zu schauen oder zu Gamen?
  7. Wenn Ihrem Kind Langweilig ist, greift es gleich zum iPod touch? Oder zum Tablet? Oder zur Fernbedienung des Fernsehers?
  8. Wenn Ihr Kind frustriert ist, greift es gleich zum iPod touch? Oder zum Tablet? Oder zur Fernbedienung des Fernsehers?
  9. Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind im Internet eine Superheldin ist, sich im Offline-Kontakt mit anderen dagegen eher unsicher verhält?
  10. Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind unruhig, frustiert oder gar gereizt ist, wenn es länger ohne iPod, iPhone, Tablet oder Laptop sein muss?
  11. Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind schon Schritte unternommen hat, um auch nachts online zu kommen?

Es reicht natürlich nicht aus, wenn Sie jetzt bei einem oder zwei Punkten feststellen, dass das nun häufig ein Problem ist. Bei Kindern kann es ja beispielsweise mal sein, dass sie zu Beginn der Ferien „unruhig, frustriert oder gar gereizt ist“. Die Umstellung macht zuweilen ja auch den Erwachsenen zu schaffen. Wenn Sie aber bei mehreren Punkten feststellen, dass dies „manchmal“ bis „sehr häufig“ ein Thema ist, so sollten Sie mit einer Fachkraft eine Klärung anstreben.

Onlinetests

Wenn wir Sie mit diesen vielen Fragen erschreckt haben, so gibt es auch die Möglichkeit, online einen Schnelltest durchzuführen. Sie können quasi stellvertretend für ihr Kind einen der folgenden Tests durchführen:

www.suchtpraevention-zh.ch/selbsttest/online-konsum/

www.ins-netz-gehen.de

Unserer Erfahrung nach ist es auch ganz gut, diese Tests gelegentlich zusammen mit den Kindern durchzugehen. Das Gespräch kann aufzeigen, wie weit die Wahrnehmung von Eltern und Kindern auseinanderliegen kann. Dies kann auch ein Ausgangspunkt für „einfach spannende“ Gespräche und die Stärkung der Beziehung sein.

  1. Fragebogen „Compulsive Internet Use Scale (CIUS) nach der englischen Originalversion von Meerkerk, G. J. et al. 2009. []