Seit 2012 unterrichte ich an der Höheren Fachschule für Kindererziehung Medienpädagogik. Ein eigenes Praxisprojekt gehört mit zum Pflichtfach. So gibt es jedes Jahr um die 20 bis 25 Berichte zu medienpädagogischen Vorhaben aus Kitas und Heimen zu lesen. Die Evaluationsberichte bieten auch wichtige Erfahrungen, welche die Erfolgsaussichten künftiger Vorhaben verbessern. 

Eine Herausforderung

Mit kleinen Kindern medienpädagogische Vorhaben zu realisieren ist eine Herausforderung. Schliesslich können wir nicht einfach standardisierte Kinder- oder Jugendmedienschutz-Massnahmen realisieren. Mit den Kindern einfach mal eben schnell eine coole Website zu gestalten geht nicht. Sicherheit auf Instagram ist noch kein Thema und WhatsApp nutzen bloss die Eltern.

Wobei zu konstatieren ist, dass wir uns da meist selbst im Wege stehen. Schnell gehen wir davon aus, dass Medienpädagogik heissen würde, dass wir mit den Kindern lange vor dem Bildschirm sitzen. Hinzu kommt, dass wir davon ausgehen, dass die Eltern solches garantiert nicht unterstützen würden. Dies obwohl zuhause selbst die Kleinsten auf Smartphones und Tablets unterwegs sind. Schliesslich ist in vielen Kitas, Horten und Heimen eine Sammlung von Mitarbeitenden anzutreffen, die noch mit dem alten „Nokia-Knochen“ rumläuft und lieber Naturfasern verwebt. Mit solchen Teams will sich natürlich niemand anlegen.

Die im Rahmen der Medienpädagogik durchgeführten Projekte zeigen jedes Mal, dass sich die Auseinandersetzung mit neuen Technologien selbst in Einrichtungen der Kindererziehung lohnen. In einer Mehrheit der Abschlussarbeiten ist zu lesen, dass die Erfahrungen durchwegs positiv bewertet werden. Als Fazit wird in aller Regel benannt, dass man künftig weitere Vorhaben realisieren möchte.

 

Erkenntnisse aus den aktuellen Arbeiten

Das Beste an der Lektüre der Abschlussarbeiten sind jedoch die Erkenntnisse, welche die Studentinnen der HFK aus ihren Projekten generieren. Darunter sind auch Erfahrungen, die in eigenen Projekten unbedingt berücksichtig werden sollten. Für die medienpädagogische Arbeit mit Kindern werden wohl die folgenden 5 Punkte am häufigsten genannt:

  1. Die eigene Haltung steht einem oft im Wege! Insgeheim gehen viele Erzieherinnen und Erzieher davon aus, dass „Erziehung“ und „neue Technologien“ nicht zusammen funktionieren. Schliesslich ist dies auch das Credo der Szene. So wird manches Vorhaben mit einer zu kritischen Einstellung angegangen. Aus den Berichten geht hervor, dass es sinnvoll ist, sich erst mit der eigenen Haltung auseinanderzusetzen. Es ist hilfreich, erst andere Projekte zu studieren. Über diese kann im Idealfall erkannt werden, dass in seriösen medienpädagogischen Vorhaben durchaus viel Sinnliches Platz hat. Man kann erkennen, dass die Kinder mit Freude Wichtiges für ihre Zukunft lernen können.
  2. Mann muss auch mit dem Team arbeiten! Wie oben erwähnt ist das mit den kritischen Mitarbeitenden so eine Sache. Da gibt es Widerstände. Das Vorhaben ohne die kritischen Fragerinnen zu leisten wäre naheliegend. Die Arbeit mit Kindern und der Alltag in einer Kita sind jedoch so komplex, dass man auf eine minimale Unterstützung der Kolleginnen angewiesen ist. Mindestens eine Information des Teams ist notwendig. Dies ermöglicht, dass Kolleginnen mitdenken und auf Gelegenheiten hinweisen, welche sich für die anvisierten Tätigkeiten anbieten. Es wird möglich werden, dem Vorhaben die nötige Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken. In den hochstrukturierten Tagesabläufen einer Kita ist es sonst oft so, dass die vorgesehenen Schritte und Arbeiten keinen rechten Platz finden und das Vorhaben misslingt. Und schlussendlich wird das ganze Team profitieren, wenn man gemeinsam die Fortschritte und Freudenmomente beobachten und reflektieren kann.
  3. Vorwissen abholen! Oft werden die Vorkenntnisse der Kinder unterschätzt. Dies führt dann dazu, dass das vorgesehene Programm im Prozess stark überarbeitet werden muss. Plötzlich muss man anspruchsvollere Ziele oder Schritte einbauen. Viele Studentinnen berichten davon. Darum einmal mehr: Ein gutes Projekt beginnt damit, dass man sich eingehend mit den Fähigkeiten der Zielgruppe befasst.
  4. Zeit, Arbeiten abzuschliessen! In vielen Kitas ist das Tagesprogramm stark durchstrukturiert. Schliesslich hat man auch pädagogische Konzepte. Auf diesem Hintergrund ist immer wieder mal zu beobachten, dass die Arbeit mit Medien auf mehrere Woche verteilt wird. „Immer nur am Dienstag Nachmittag im Singkreis“. Doch diese 30 Minuten werden nicht ausreichen, um einen Prozess angemessen durchzugehen. So kommt es wiederholt vor, dass die Kinder in der ersten Woche nur mal durch die Kamera gucken können. In der zweiten Woche wird dann  ein erstes eigenes Bild gemacht. In der dritten Woche werden die Bilder auf den Computer geladen. In der vierten dann eventuell noch gedruckt. Schrecklich. Da kommt für die Kinder keine Freude auf. Sie verlieren das Interesse am Geschehen. Viele Prozesse der Mediennutzung oder Mediengestaltung leben davon, dass man zu einem sichtbaren Ergebnis kommt. Schliesslich käme auch niemand auf die Idee, in der ersten Woche nur die Farbstifte bereit zu machen, in der zweiten dann ein Papier zu betrachten, ….
  5. Mit Gesprächen rechnen! Gute Medienpädagogik löst zwangsläufig viele Gespräche aus. Auch bei den Kindern. Es ist damit zu rechnen, dass unsere Vorhaben die Gesprächsagenda dominieren. Daher ist es wichtig, dass wir auf Fragen gefasst sind und das Team und die Eltern eingeweht sind.