Der Saldo-Ratgeber zur Privatsphäre bringt einen Überblick zu einem der wichtigsten Themen unseres Zeitalters. Das Buch trägt viel Wissen zum digitalen Datenwucher zusammen und geizt nicht mit einer klaren Haltung.

Wir gehen meist unbedacht mit Daten um. Sei es, weil wir glauben, nichts zu verbergen zu haben, sei es, weil wir den Institutionen und Firmen vertrauen, bei denen wir unsere Daten streuen. Oder weil es uns schlicht zu wenig interessiert. Natürlich ist das Thema der Privatsphäre so alt wie die Menschheit. Auch Heini Lüthy, Autor des Saldo-Ratgebers mit dem unprätentiösen Titel «So schützen Sie ihre Privatsphäre», geht weit zurück. Bis zur biblischen Geschichte von Maria und Josef, wo das junge Paar sich in Nazareth zur Volkszählung einfinden muss. Doch dient die Überlieferung nur als Aufhänger in der Einleitung. Denn die Digitalisierung unseres Alltags stellt eine drastische Veränderung in den Dimensionen und der Schärfe dar, mit der die Erfassung und Überwachung einzelner Menschen veranstaltet wird. Und darauf legt das Buch seinen Fokus.

In allen Lebenslagen

In beinahe jeder Lebenssituation haben Menschen in der westlichen Welt heute mit Geräten zu tun, die auf irgendeine Weise vernetzt sind. Jedes einfache technische Gerät liefert irgendjemandem Daten, die einzeln betrachtet so unscheinbar und nichtig sind, dass wir selten darum bekümmert sind, sie zu schützen. Doch Daten über unser Verhalten begleiten uns in allen Lebenslagen und können ungeahnte Konsequenzen haben. So baut Lüthy denn das Buch auch in 9 Kapiteln auf, in denen über «Geräte» und «Staat» bis zu «Reisen und Verkehr» die ganze Bandbreite unseres Lebens und dessen wichtige Akteure ausgebreitet werden. Von Smartphones über Social Media zur neuesten Auto- und Kleidungstechnik wird alles aufgegriffen.

Diese Aufteilung sowie die Einfärbung der Kapitel in Registerform bringt eine praktische Übersicht und macht den Ratgeber zu einem Buch, das ins Regal mit den Nachschlagewerken gehört. Doch damit ist auch schon das Problem benannt. Denn ein im digitalen Zeitalter ohnehin anachronistisches Buch über die rasante Entwicklung im Internet ist spätestens dann veraltet, wenn es ins Büchergestell verräumt wird. Der Saldo Ratgeber wird schlecht altern, so viel ist klar. Natürlich verliert nicht das ganze Buch seinen Wert, nur weil beispielsweise Instagram langsam den Platzhirschen Facebook verdrängt (davon abgesehen, dass dahinter derselbe Konzern steckt). Mechanismen wie Cookies und Prinzipien des Selbstschutzes wie Verschlüsselung und der Verzicht auf offensives Streuen werden auch bei einer zweiten Ausgabe des Buches unverändert aktuell sein. Auch enthält der Ratgeber eine im Lauftext eingestreute interessante Sammlung an Tipps und Links, die einen Besuch wert sind.

Tipps und Tricks

Nicht so klar geordnet wie die Kapitel sind die aus dem Lauftext ausgegliederten Boxen. Mal sind sie mit «Info», mal mit «Tipp» gekennzeichnet und stellen den Versuch dar, wichtige Informationen zu bündeln. Diese Boxen sind aber sowohl im Layout, als auch vom Inhalt her zu unstrukturiert in die Kapitel eingestreut. Sie tragen zwar dem Nachschlage-Charakter des Buches Rechnung, sind aber zu unsystematisch geordnet, als dass man gezielt auf Informationen zurückgreifen könnte. Der allgemeine Index des Buches wiegt dieses Manko immerhin etwas auf.

Alles in allem kommt das Buch aber in einem Guss daher. Praktische Anleitungen zu einzelnen Einstellungen wechseln sich im Text mit generellen Betrachtungen ab. Etwa zu den Unterschieden des amerikanischen und des schweizerischen Datenschutzes anhand von bestimmten Fällen. Lüthy zitiert auch immer wieder in den Medien aufgegriffene oder entstandene Skandale, welche zur Entlarvung gesetzwidriger Praxen führen. Seine Haltung dabei ist klar. Der Autor ist sowohl privaten Datenkraken als auch dem Staat und seinen «bigbrother’schen» Allüren gegenüber kritisch eingestellt. Neben handfesten Tipps wie der Datenverschlüsselung und der Aufklärung über rechtliche Grundlagen plädiert der Datenschützer immer wieder für gesunden Menschenverstand und ein Misstrauen gegenüber scheinbar unverfänglichen Angeboten wie Cloud-Diensten und Treuekarten von Supermärkten.

Für alle was dabei

Auch wenn der interessierten Leserin einiges bereits bekannt sein dürfte, was Lüthy ausführt, so liest sich diese Zusammenfassung zur Lage unserer Privatsphäre leicht und bleibt durchgehend interessant. Das Niveau variiert von digitalen Allgemeinplätzen zu technischen Details. Damit bietet sich das Buch einer breiten Leserschaft an. Ein Tipp vorweg: wenn sie nicht wollen, dass jemand weiss, dass sie dieses Buch interessiert, dann kaufen sie es in einem richtigen Laden, mit Bargeld, ohne Kundenkarte. Allerdings macht sie natürlich nur schon das Lesen dieses Beitrags verdächtig, sich überdurchschnittlich stark für Privatsphäre zu interessieren.