Das Game Fortnite gibt aktuell sehr viel zu diskutieren. Meist ist die empfohlene Altersfreigabe ein Thema. Wirklich warten bis 12? Neben den Game-Inhalten kann auch persönlicher Stress bei dieser Frage eine Rolle spielen.
Fortnite ist und bleibt ein attraktives Spiel. Anders als bei Pokémon vor zwei Jahren. Bei diesem Shooter-Game bleibt die Beliebtheit auch nach mehreren Monaten hoch. Insbesondere bei Primarschülern. „Bei Primarschülern?“, werden sich Eltern fragen. 

 

Beobachtungen in Klassen

Bei unserer Arbeit mit Schülerinnen und Schülern aller Altersgruppe geht es immer wieder um Fragen zu Fortnite. Tatsächlich gibt es Primarschüler, die Fortnite spielen dürfen. Einen genauen Prozentsatz können die Mitarbeitenden von zischtig nicht nennen. Zum einen müsste nach Jahrgang unterschieden werden. Im dritten Schuljahr sind es doch noch sehr wenige. Dagegen sind schon viele der 6. Klässler im „royalen Battle“ engagiert. Zum anderen gibt es teilweise schon Unterschiede zwischen einzelnen Quartieren. In Stadtteilen mit einem höheren Anteil an Akademikern scheint die Quote der gamenden Primarschüler und Primarschülerinnen etwas geringer. In eher ländlichen Gebieten sind es tendenziell mehr. 

 

Ja aber ….

Das ursprüngliche Game „Fortnite – Rette die Welt“ wurde von der USK für Kinder ab 12 Jahren freigegeben ((http://www.usk.de/service/informationen-der-usk-zu-fortnite-battle-royale/)). Inzwischen wird aber fast ausschliesslich „Fortnite – Battle Royale“ gespielt. Diese Spielversion müsste im Ladenverkauf jedoch die Bezeichnung „ab 16“ tragen. „Warum lassen die Eltern ihre Kinder trotzdem Fortnite spielen?“ Diese Frage hat bei den Elternabenden im Frühjahr 2018 immer wieder zu teils heftigen Diskussionen geführt. Wie kommt es dazu?

 

Inhaltsdiskussion?

Von Eltern wie Kindern ist oft zu hören, dass das Spiel nicht so heftig sei. Schliesslich sei bei den Kämpfen kein Blut zu sehen. Und irgendwie müsse man doch auch im Team zusammenarbeiten. Die Kinder spielen ja mit den Kollegen. Das sei doch ganz gut.
Solche Gedanken sind zu würdigen. Insbesondere die sozialen Aspekte können berücksichtigt werden. An dieser Stelle sei aber geraten, diese Argumente einmal nüchtern zu hinterfragen. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Ist es vielleicht schlicht einfacher, Argumente für das frühzeitige Gaming zu finden als sich schlau zu machen und Grenzen umzusetzen?

 

Altersbeschränkungen machen alt!

So fällt bei Elterngesprächen auf, dass zuweilen noch wenig Wissen über das Game vorhanden ist. Ausserdem ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass die Grenzsetzung anstrengend wäre. „Was soll ich da schon tun, wenn alle Fortnite spielen?“ Dieses Argument kommt selbst dann, wenn klar ist, dass nicht „alle“ Fortnite spielen. Könnte es sein, dass wir Eltern nicht als konservative Spielverderber da stehen möchten? Auf Anfrage wird das von einigen Eltern bestätigt. Wer auf die Einhaltung von Altersgrenzen besteht, fühlt sich zuweilen alt. „Wer da nicht locker drauf ist, gilt als alt!“ so die Auskunft eines Vaters. Solches Empfinden ist absolut menschlich und darf nicht verurteilt werden. Und ja: Das Bestehen auf Altersfreigaben ist anstrengend.  

 

Motive hinterfragen

So gesehen: Bevor wir Eltern alle Argumente für die Spielfreigabe auflisten, könnte eine kritische Prüfung der eigenen Motive sinnvoll sein. Fürchte ich den Stress? Will ich mich nicht alt fühlen? Es ist absolut normal, dass solche Motive eine grosse Rolle spielen. Und es kann hilfreich sein, diese Kräfte zu erkennen. So fällt es einfacher, auch kritische Aspekte zu würdigen. 

 

Zur Meinungsbildung

Der Vorteil dieser Selbstreflexion könnte in einer neuen Offenheit für andere Argumente liegen. Schliesslich gibt es Forschungsbefunde, die darauf hinweisen, dass Kinder in speziellen Situationen nach regelmässigem Spiel doch eine erhöhte Aggression an den Tag legen ((Bodenmann, G und Zemp, M. (2015). Neue Medien und kindliche Entwicklung, Berlin, Heidelberg: Springer)). Es gibt Studien die zeigen, dass die Aneignung einer sinnvollen Mediennutzung misslingen kann. Vielleicht wird ihr Kind nicht direkt süchtig, aber es bleibt im Netz hängen. Oder vielleicht beginnt es sich daran zu gewöhnen, die Zeit damit tot zu schlagen ((https://www.unimedizin-mainz.de/fileadmin/kliniken/verhalten/Dokumente/EU_NET_ADB_Broschuere_final.pdf))? Und im Zusammenhang mit Fortnite könnte bedacht werden, dass die meist gespielte Version „Battle Royale“ eigentlich erst ab 16 wäre.