Ein Phänomen der Klimajugend? Ein Protest gegen Facebooks WhatsApp? Oder geht es bei der Verwendung des Telegram-Messengers um ein Jugendphänomen?

Lange galt WhatsApp als unverzichtbar. Nun zeigen Erwachsene und Jugendliche, dass es auch ohne geht. Viele dieser „WhatsApp-Verweigerer“ setzen auf Telegram. Dieser Messenger funktioniert prinzipiell genau gleich wie WhatsApp. Er bietet ebenfalls die Möglichkeiten für Telefonie, Livevideo, Standortbekanntgabe, Gruppenchats und anderes mehr. Beliebt sind vor allem die Stickers, welche bei Telegram schon länger und einfacher verfügbar sind. Ausserdem kann Telegram mit dem PC verbunden werden. 

Ist das sicher?

Belesene Eltern wünschten sich natürlich die Verwendung von Threema. Schweizer Produkt mit Servern in der Schweiz. Dagegen kursierten viele Gerüchte, Telegram gehöre den Russen und würde vom KGB kontrolliert. Dies lässt sich jedoch nicht bestätigen. 

Tatsächlich sind die Chats bei Telegram nicht per Grundeinstellung verschlüsselt. Man muss die Funktion für jeden Chat auswählen und in Gruppen funktioniert die Verschlüsselung nicht. Auf der anderen Seite liegt das Problem bei den jugendlichen Chatter*innen eher bei den von Freunden weitergegebenen Nachrichten. Da hilft auch die Verschlüsselung nichts. 

Im Gegensatz zu WhatsApp kann man Telegram so einstellen, dass die Adressen aus dem Adressbuch nicht an die Server von Telegram übergeben werden. Für kritisch denkende NutzerInnen sicher der grösste Vorteil gegenüber den meisten Messenger-Angeboten. Telegram ist so gesehen auch für Eltern eine willkommene Alternative. 

Warum Telegram?

Auch wenn Threema noch ein Tick sicherer wäre: Aktuell finden sich immer mehr Jugendliche auf Telegram. Wer sein Adressbuch mit dem Messenger verbindet, kann das auch täglich beobachten: Immer wieder erscheint auf dem Display die Meldung, dass nun wieder eine Freundin oder ein Freund Telegram beigetreten sei. Das motiviert und gibt ein Gefühl von Identität. „Wir haben jetzt Telegram“. 

Es ist nun nicht so, dass das die Jugend flächendeckend zu Telegram gewechselt hat. Es scheint, als wären es gewisse Szenen: Kantonsschüler*innen, Klimaaktivist*innen, Sicherheitsinteressierte, kritische Denker oder einfach solche, die sich gegen den Mainstream auflehnen. „Ich habe genug von der Arroganz Facebooks. Ich will weg von WhatsApp“. So kann die WhatsApp-Verweigerung zum Zeichen einer bestimmten Zugehörigkeit werden.

Kann man Facebook hinter sich lassen?

Man darf gespannt sein, wie es weiter geht. Facebook ist doch sehr verbreitet. Es gibt ja praktisch keine Leute, die weder WhatsApp noch Instagram oder ein Facebook-Profil haben. Dennoch: Unmöglich ist es nicht. Noch vor wenigen Jahren hätte niemand daran geglaubt, dass eine Zeit kommt, in der die Jugendlichen keine Facebook-Profile mehr haben. Heute sind wir aber soweit. Eben erst haben wir bei 16-Jährigen rumgefragt. Noch 2 pro Klasse haben ein Facebook-Profil. Ausserdem ist Instagram auch nicht mehr so toll. Störende Algorythmen, störende Werbung, zu viel Druck. Man darf gespannt sein.