Per Sprachbefehl mit dem Handy oder dem Lautsprecher kommunizieren? Trotz Datenschutzbedenken verbreiten sich diese kleinen smarten Helferlein immer mehr auch in Schweizer Haushalten. Ein Testbericht.

Die Mitarbeitenden von zischtig.ch testen immer wieder Geräte und Anwendungen. TikTok, Online-Ponyhof, Fitness-Tracker, Fortnite, Smartwatch und Datingportale. Höchste Zeit also, auch die Smart Speaker genauer unter die Lupe zu nehme. Letzteres ist bei einer so neuen, hierzulande noch nicht vollumfänglich nutzbaren Technologie gar nicht so einfach. Daher: Vorab die Zusammenfassung in Form einer ersten Einschätzung, danach der ausführlichere Testbericht. 

Zur Testanlage

Ein Smart Speaker ist ein Lautsprecher, der sich mit dem Internet verbinden lässt, Musik drahtlos überträgt und per Spracherkennung die Funktionen eines Intelligenten Persönlichen Assistenten (IPA) zur Verfügung stellt. In diesem Test wurde der Smart Speaker «SONOS One Gen2» mit dem IPA Google Assistant im Zeitraum Oktober 2019 bis Mai 2020 getestet.

Beobachtungen

Die Box wirkt sehr robust und qualitativ hochwertig. Wer eine mobile Box sucht, ist mit dieser allerdings schlecht bedient, da sie keinen integrierten Akku hat. Die Tonqualität der einzelnen Box überzeugt in einem 13qm-Raum. Sie ist auf gutes WLAN angewiesen, alternativ lässt sie sich aber auch über Ethernet verbinden. Selbst wenn die Box in einer ordentlichen Lautstärke läuft, erkennt sie immer noch den Zuruf «Ok Google». Allerdings sollte man dafür nicht allzu weit weg stehen. 

Erste Erkenntnisse, Fazit

Die Box ist zu teuer als Einstieg in die Welt der Smart Speaker, wenn man nicht bereits ein Sonos System hat. Wer sich gerne mit der Technologie selber vertraut machen möchte, sollte im Moment besser noch nicht 100 Franken dafür ausgeben, da in nächster Zeit Smart Speaker wie Pilze aus dem Boden schiessen werden. Vielleicht darf es dann auch einer sein, der weder mit Google noch Amazon verbandelt ist. Auf jeden Fall hilft es, sich mit der Technologie auseinanderzusetzen, um später zu verstehen, welche Daten von der smarten Kaffeemaschine bei welchem Techgiganten landen. 


Das Testprotokoll

So knapp habe ich mich gerade an das Empfangen und Versenden von Sprachnachrichten an Familie und Freunde gewöhnt. Aber ohne Tastatur in den eigenen vier Wänden oder sogar unterwegs Informationen aus dem Internet abfragen, Backpulver auf die Einkaufsliste setzen oder mir das Wetter vorhersagen lassen? Um diese Dinge habe ich mit Verweis auf den Datenschutz bisher einen grossen Bogen gemacht. Doch nun heisst es ran an den Smart Speaker: Ich berichte über meine ersten Erfahrungen.

Smart Speaker: Was ist das und wie funktioniert’s?

Als Smart Speaker wird ein Lautsprecher bezeichnet, der mittels Internetverbindung und per Sprachassistent bedient werden kann. Es gibt verschiedene Sprachassistenten: Siri (Apple), Alexa (Amazon), Google Assistant (Google), Bixby (Samsung) und noch einige mehr. Nicht alle sind gleich gut und Alexa lässt sich nur über Umwege in der Schweiz nutzen (Stand Juni 2020), das wusste ich beim Kauf des des Produkts noch nicht. Ich hatte viel Gutes über den Google Assistant gelesen und da dieser Assistent sowohl auf Android als auch auf Apple-Geräten läuft, fiel mir die Entscheidung für diesen Assistenten leicht.

Meine Bedenken: Privatsphärenschutz 

Natürlich kenne ich die ganzen Bedenken bezüglich des Datenschutzes und auch ich will nicht, dass irgendwelche Techgiganten mir ständig zuhören. Bisher habe ich Siri und Google Assistant stets deaktiviert. Aber einem Smart Speaker muss ich den Zugriff gewähren, dass er auf meine Stimme hören kann. 

Zudem geht es ja nicht nur um mich. Was sagen meine Mitbewohner zu dem neuen Mitlauscher-WG-Mitglied? Zumindest mit dem Vorschlag, dass ich den Smart Speaker in meinem Arbeitszimmer aufstelle, er also nicht für die ganze WG nutzbar ist, waren alle einverstanden. Das Arbeitszimmer hat für mich zudem den Vorteil, dass man keine Telefongespräche mithören kann, da mein Handyempfang dort zu schlecht ist. Schweigsamer als im Arbeitszimmer bin ich demzufolge eigentlich nur auf dem WC und da will ich definitiv keinen Smart Speaker.

Qual der Wahl – welches Modell soll es sein?

Eigentlich habe ich mich von Anfang an in den Google Home Mini verliebt. Und ein wenig bereue ich es bis heute, dass ich damals beim Aktionspreis von 27 Franken beim Händler meines Vertrauens nicht zugegriffen hab. Aber ich wollte ja nicht nur den Google Assistant testen, sondern ursprünglich auch Alexa. Weiter ging es mir auch darum, Musik hören zu können und da braucht es etwas Besseres als so ein Miniböxli, selbst wenn mein Arbeitszimmer relativ klein ist. Nach längerer Recherche habe ich mich entschieden: SONOS One Gen2.

Das Unboxing von SONOS One Gen2 (weiss)

Am 3. Oktober 2019 – ein Tag nach meiner Bestellung war die 226 Franken teure Box bei mir zuhause. Die Box hat ein ordentliches Gewicht (1.85kg) und wirkt qualitativ hochwertig. 

Hier meine Pro-Kontra-Liste zur SONOS One Gen2:

Positive Punkte

  • Sowohl Alexa als auch Google Assistant lassen sich darüber nutzen.
  • Die Box hat ein Touchfeld für die Lautstärke.
  • Man kann das Mikrofon per Touchfeld stummschalten. 
  • Die Klangqualität ist extrem gut (bei grösserem Raum gibt es von Sonos diverse Erweiterungen).
  • Die Box kann sowohl über ein Ethernetkabel als auch über WLAN mit dem Internet verbunden werden.

Negative Punkte

  • Alexa und Google Assistant lassen sich nicht parallel nutzen (Logisch? Als absoluter Neuling war ich mir dessen nicht bewusst).
  • Bis die Konnektivität einmal stand, hat es bei mir mehrere Anläufe gebraucht, was nicht nur an mir, sondern auch daran lag, dass Sonos bis jetzt nur externe Sprachassistenten nutzt und dies mit (überwindbaren) Hürden verbunden sein kann.
  • Sonos kann noch keine Stimmen unterscheiden. Voice Match geht nicht. Das ist für mich ein K.O.-Kriterium, warum diese Box niemals im Wohnzimmer stehen wird. Ich kann meine persönlichen Inhalte (Kalender, Nachrichten usw.) nicht schützen, indem die Box dafür meine Stimme erkennen muss. Anscheinend soll die Funktion noch kommen – irgendwann. 
  • Und noch ganz am Rande: Für das Geld, das so eine Box kostet, würde man weitaus bessere HiFi-Boxen bekommen, aber ich teste ja nicht auf Klangqualität. 

Ein paar Sprachbefehle

Musik

Primär habe ich die Box von Sonos genutzt, um Musik zu hören:

  • «Ok Google, spiel Radio Pilatus» (ok ok, auch nach über 15 Jahren in Zürich fühl ich mich im Herzen noch als Luzernerin) wird über TuneIn abgespielt. 
  • «Ok Google, spiel Jazz-Musik» wird über die Spotify-Playlist abgespielt.
  • «Ok Google, wie heisst dieses Lied?»
  • «Ok Google, lauter» bzw. leiser oder «Lautstärke 2», um ohne aufzustehen die Lautstärke zu verändern.

Leider funktionierten bei mir gewisse Befehle nicht:

  • «Ok Google, überspringe 2 Minuten.»
  • «Ok Google, gehe 30 Sekunden zurück.»

Wetter

Sehr praktisch, wenn man gerade dabei ist, sich anzuziehen und noch überlegt, ob es den Pulli heute braucht. Hierfür lohnt es sich, über die App den Standort für die Box freizugeben. Möchte man dies nicht, kann man bei der Anfrage einfach den Ort hinzufügen.

  • «Ok Google, wie wird das Wetter heute (in Höngg)?»
  • «Ok Google, wie wird das Wochenende?»
  • «Ok Google, wann regnet es wieder?» Sehr praktisch, wenn man sich überlegt, ob man die Pflanzen draussen noch giessen soll.
  • «Ok Google, brauche ich heute einen Regenschirm?» Auch hier antwortet Google adäquat mit einem Regenhinweis.

Natürlich geht das alles über das Handy ohne Box. Aber beim Handy hab ich den Assistenten standardmässig deaktiviert. Bei der Sonos-Box kann ich kurz, wenn ich morgens ins Zimmer gehe, das Mikrofon der Box aktivieren und wenn ich zur Arbeit gehe, die Box wieder ausmachen.

Wissensfragen

Ich nenne sie «Wissensfragen», die meisten würden es wohl einfach als «Googeln» bezeichnen. Hier muss man selber ein bisschen rumspielen, es macht auf jeden Fall ziemlich viel Spass. Ein Beispiel trotzdem: Was ich mir nie merken kann, ist, wann die Öffnungszeiten von meiner Post sind:

  • «Ok Google, wann schliesst die nächste Post?» liefert mir die Info, dass die nächste Post in 22 Minuten schliesst, aber von 13:45 Uhr bis 18 Uhr wieder geöffnet hat. 
  • Praktisch
  • «Ok Google, stell mir den Wecker in 3 Minuten» (Weckergeräusch, die Musik wird nur noch ganz leise abgespielt) mit «Ok Google, danke» kann man den Wecker freundlich beenden und die laufende Musik wird fortgesetzt.
  • «Ok Google, erinnere mich daran, in 20 Minuten die Wäsche aufzuhängen» (hierfür ist eine Berechtigung erforderlich https://support.google.com/googlenest/answer/7387866?co=GENIE.Platform%3DAndroid&hl=de
  • Oder man will mal kurz auswürfeln, wer heute den Abwasch macht: «Ok Google, würfle».
  • «Ok Google, setz Backpulver auf meine Einkaufsliste» fügt das Proodukt auf der Google-Einkaufliste hinzu. Funktioniert auch mit «Ok Google, füge Gurken hinzu». Und mit «Was steht auf meiner Einkaufsliste» kann man die Inhalte dann abrufen. 

Nur wer will sich schon im Laden die Einkaufliste laut vorlesen lassen? Kein Problem, die Liste ist auch auf dem Handy zu finden in der App «Google Assistant» Mit netten kleinen Bilder der jeweiligen Produkte. 

Löschen kann man einen Eintrag übrigens auch nur hier und nicht über die Sprachsteuerung. Und so gibt es noch eine ganze Reihe von praktischen Sprachbefehlen. Zudem wird der Assistent laufend optimiert. Es lohnt sich also immer mal wieder zu recherchieren, was es inzwischen für neue Funktionen gibt. Aktuell hat bei mir die Motivation zum Testen bei der Kategorie «Rezepte» aufgehört:

Rezepte

Auch wenn ich die Sonos Box nicht mit in die Küche nehmen will, wollte ich doch noch eine Funktion testen: Die Unterstützung beim Kochen. Aber kurz gesagt: Dafür ist die Sonos Box unbrauchbar, weil sie über kein Display verfügt. Und über Google Assistant am Handy ruft man auch einfach die Rezepte auf und scrollt sich dann durch. Kein wirklicher Vorteil, aber es lohnt sich noch in den Abschnitt «Actions» zu schauen.

Und was sind Actions (Skills)?

Ein Thema, mit dem man sich auseinandersetzen muss, wenn man seinen Sprachassistenten umfangreicher nutzen möchte, sind sogenannte Voice-Apps. Bei Google heissen die Actions, bei Alexa Skills. Praktisch: Google Assistant erkennt die Actions automatisch, selbst wenn sie nicht von Google sind. Sie sind ohne Installation per Sprachbefehl ansteuerbar. Unter https://assistant.google.com/explore/?hl=de-DE findet man diese Actions. 

Ich habe «Chefkoch» getestet und dabei feststellen müssen, dass das auch nicht über die Sonos-Box funktioniert und selbst am Handy nicht ganz optimiert ist. Während ich über eine händische Suche viele Rezepte zu «Milchreis» bei Chefkoch finde, findet die Action von Chefkoch (noch) keines. Nimmt man aber ein vorgeschlagenes Rezept, funktioniert die Sprachführung während des Kochens doch einigermassen gut mit Handy und Display.

Die Ansteuerung folgt über den Befehl:

Das Eingeständnis

Ich bin nach wie vor sehr zufrieden mit der Box in meinem Arbeitszimmer (da will/kann ich ja auch nicht kochen). Aber ganz ehrlich: Wer keine weiteren smarten Helfer zu Hause hat für Audio-, Video-, Lichtsystem, Heizung, Kaffeemaschine, Kühlschrank, Geschirrspüler oder Staubsauger – nicht mal ein Sonos System – der sollte etwas kleiner starten, wenn es rein um das handyunabhängige Kennenlernen der Technik geht. Vielleicht wie eingangs erwähnt: Google Home Mini. Von Amazon würde ich im Moment noch abraten, weil sich Alexa nur über mühsame Umwege in der Schweiz nutzen lässt. Ein HomePod von Apple ist nur eine Option, wenn im Haushalt ausschliesslich Apple-Geräte genutzt werden. 

Das Sprechen mit einer Box

Eine kleine Randnotiz noch: Ich habe die Box stets nur getestet, wenn meine Tür zu war und noch lieber, wenn gar niemand zuhause war. Irgendwie fühlt man sich unwohl beim Sprechen mit der Box (das zeigen auch diverse Studien dazu). Weiter muss man auf Hochdeutsch mit der Box sprechen, sie versteht noch kein Schweizerdeutsch und schon gar nicht ein Lozärn-Züri-Dütsch 

Und ja, anfangs sagte ich noch «Ok Google, spiel mir bitte das Lied von XY» und mittlerweile versuche ich, wo es nur geht Wörter zu sparen. Aber im Alltag hat mich deswegen noch keiner als unhöflicher eingestuft (oder es zumindest mir gegenüber nicht geäussert). 

Allerdings hat mir eine Freundin berichtet, dass ihr kleiner Neffe aus Deutschland (vier Jahre alt und per se ein kleiner Pascha – ihre Worte!) Alexa schon sehr fordernd herumkommandiert und sich das auch auf im Umgangston im direkten Gespräch mit Menschen zeigt. Eine Frage des Alters? Der Erziehung?   

Fazit

In einer Literaturanalyse (https://www.fhgr.ch/fileadmin/fhgr/angewandte_zukunftstechnologien/SII/churer_schriften/sii-churer_schriften_105-Mosberger.pdf) wird schön aufgezeigt: Wenn die Nutzung solcher Dienste einen genügend grossen Vorteil bringt, werden auch mögliche Bedenken (z. B. im Bereich Datenschutz) zurückgestellt. 

«Scho no cheibe praktisch» könnte also das Argument der Zukunft für die Nutzung solcher Sprachassistenten sein. Und natürlich spart man damit enorm viel Zeit (mit all den damit verbundenen Vor- und Nachteilen).

Mich überzeugt der aktuelle Stand der Technik noch nicht. Mit fortschreitender Entwicklung wird die künstliche Intelligenz aber so manche Gewohnheiten verändern. Es bleibt spannend!