Früher gab es im Netz vor allem pädosexuelle Täter und Viren. Über die Jahre sind weitere Bedrohungen in den Vordergrund gerückt. Weitere Malware, Wirtschaftskriminalität, grossangelegte Spionage, Cybermobbing und Sexting. Worauf ist in der Medienerziehung zu achten?

Wenn über Handy-Sicherheit nachgedacht werden soll, so kommen gewöhnlich ganz unterschiedliche Erwartungen zusammen. Ich fühle mich bei solchen Workshops jeweils recht beobachtet. Die ICT-Spezialisten warten gespannt darauf, ob ich jetzt wirklich was zu diesem oder jenem Sicherheitshack sage. Die Eltern warten mit erhobener Augenbraue darauf, ob ich jetzt was über Bilder im Netz sage! Und Lehrkräfte warten nur darauf, dass ich mich endlich zum Thema Cybermobbing äussere.

 

Eine Frage der Perspektive

Tatsächlich: Worauf bei der Handy-Sicherheit als erstes geachtet werden soll, ist eine Frage des jeweiligen Standpunktes, vielleicht gar der persönlichen Erfahrungen. Edward Snowden würde Ihnen raten, erst etwas gegen das Abhören oder Ausspionieren durch staatliche Polizeidienste zu unternehmen. Adrian Lobsinger als eidgenössischer Datenschutzbeauftragter würde Ihnen vor allem dazu raten, Ihre Datenspur im Internet zu kontrollieren und sich vor Datenklau zu schützen. Martin Böss von der Schweizerischen Kriminalprävention würde Ihnen sicher raten, sich online vor Cyberkriminellen zu schützen. Und Viola Amherd ist vermutlich der Ansicht, man müsse vor allem das Sexting in den Griff bekommen.

 

Alltägliche Sicherheitsrisiken

Mit der Verbreitung von Tablets, iPod touch und Smartphones haben sich unserer Meinung nach vor allem die Probleme in der alltäglichen Kommunikation verschärft. Werden „gechattete“ Inhalte weiter gegeben, kann dies zu gravierenden Störungen unter den Kindern führen. Die schnelle und niederschwellige Kommunikation führt auch oft zu rechtlichen Problemen. So gibt es bald keine Schule mehr, die noch kein Offizialdelikt im Bereich der Pornographie vorweist.

 

Die „Fälle“ bei Mittelstürmern

Leider fehlen uns gegenwärtig die Mittel für eine empirisch belastbare Forschungsarbeit zur Frage, welche Sicherheitsrisiken unter den veränderten Bedingungen die bedeutsamsten sind. Bei unseren unzähligen Gesprächen mit Primarschülern und Eltern fällt jedoch auf, dass es die letzten Jahre Verschiebungen gegeben hat. Anhand der vielen Hinweise und Eindrücke sind wohl die folgenden Sicherheitsprobleme die häufigsten:

  1. Kostenfallen.
  2. Bilder und Texte werden missbräuchlich genutzt / weiter gegeben.
  3. Im Chat kommt es zu Missverständnissen und folglich zu grösseren Konflikten, zu Shitstorms mit Folgen für einzelne Betroffene.
  4. Kinder werden plötzlich von Fremden „angechattet“.
  5. Kinder haben sich mit Fremden eingelassen und es kommt zu Schreckens-Stunden- oder Tagen, wenn diese plötzlich etwas wollen.
  6. Einer der genutzten Chat oder Social Media Dienste wird (von Freunden) gehackt.
  7. Auf dem PC oder Smartphone wurde ein Virus installiert.
  8. Rechtliche Probleme nach „Scherzchen“, Drohungen oder der Verbreitung von Pornographie.
  9. Phishing.
  10. Nutzerdaten werden abgegriffen.

Die Herausforderung

Wenn man sich diese Übersicht so vor Augen hält, so fällt auf, dass sich Jugendmedienschutz mit unterschiedlichsten Aspekten der Internetsicherheit befassen muss. Vielen Gefahren kann man mittels Medienwissen und einem kritischen Blick auf Dienste und Kommunikationsprozesse begegnen.

Andere Aspekte, beispielsweise der Missbrauch von Nachrichten und Bildern, oder das Übertreten von rechtlichen Grenzen, bleibt mit der Medienkompetenzbildung ungenügend bearbeitet. Das Vorleben und Vermitteln themenbezogener sozialer Werte ist diesbezüglich wirkungsvoller.

Dieser Text ist ein Ausschnitt aus dem Medienkurs „Mein Handy – aber sicher!“ Der Kurs kann für Eltern aber auch für Eltern UND Kinder angeboten werden.