Jugendliche haben Smartphones. Sie nutzen diese oft exzessiv und riskant. In den meisten Familien gilt folgende Formel: Pubertät + Medien + Eltern = Konflikte! Soll man da noch Medienerziehung leisten? Mit welchen Zielen? Ein paar Worte zur Entspannung. Und ein Beitrag zur Vortragsreihe.

Viele Eltern hoffen, dass es später, wenn die Kinder grösser sind, etwas einfacher wird. Haben Sie das auch gehofft? Und dann gemerkt, dass das nur bedingt stimmt? Natürlich: Es geht jetzt auch ohne Krippe, ohne abendliches Geschichten vorlesen und vielleicht sogar ohne Hilfe bei den Hausaufgaben. Vermutlich sind aber andere Herausforderungen in den Familienalltag eingebrochen: Heimlichkeiten, „Umemule“, Abhängen bis zum Wahnsinn, Besserwisserei und Augenverdrehen. Letzteres beherrschen die Kinder besonders gut. So gut, dass wir es sogar sehen, wenn sie sich bereits von uns abgewandt in Richtung Kinderzimmer bewegen, um aller Vorhaltungen zum Trotz noch eine Runde zu chatten oder zu gamen. Natürlich ist das nicht überall so. Vielleicht auch einfach „noch nicht“.

 

Zu oft am Handy

Bei Elternabenden fragen wir regelmässig, wer die Pubertierenden schon kritisieren musste, weil sie dauernd am Handy wären. Praktisch alle Eltern erleben diesen Konflikt um die Nutzungszeit. Es scheint das aktuelle Reizthema zwischen Eltern und Kindern zu sein. Was früher der Stress um die böse Popmusik war, das Mofa oder „die Marken“ bei den Klamotten, ist heute der Kampf um die Onlinezeit.

 

Stress mit den Eltern

Bei den Schülerinnen und Schülern fragen wir regelmässig nach den Problemen die sich wegen des Smartphones, wegen WhatsApp und Social Media ergeben. Cybermobbing? Angeblich kein grosses Problem. Kostenfallen? Auch nicht besonders. Was denn? „Die Eltern stressen! Immer sagen sie, man wäre zu viel am Handy!“ So die andere Seite.

 

Es ist Pubertät

Solche Konflikte sind typisch für die Pubertät. Die Jugendlichen pflegen ein Verhalten, welches in der Gruppe der Gleichaltrigen typisch ist. Sie wollen auch beständig mit Kolleginnen und Kollegen in Verbindung sein. Die Selbstinszenierung mittels Filmchen und Selfies ist aller Bedenken zum Trotz Alltag. Man will die selben Games spielen wie die Gleichaltrigen. Die Kritik der Eltern wird nicht wirklich verstanden und es entstehen teils massive Konflikte. Eigentlich logisch: Veränderungen führen immer zu Störungen. Mit der Pubertät kommen auch beim Medienverhalten Änderungen: Ein Smartphone MUSS sein, Pornos WERDEN geschaut, Fremde SIND interessant, Social Media MUSS sein!

 

Muss ich wirklich Grenzen setzen?

Müssen diese Konflikte sein? Oder ist das „halt“ einfach das Verhalten der Jugend? Brauch ich mich da so aufzuregen? Müssten wir jetzt die Sicherheitseinstellungen auf Instagram anschauen? Sicherheitseinstellungen auf Snapchat? Kann ich es nicht einfach laufen lassen. Logischerweise stellen wir uns als Eltern solche Fragen. Und manchmal mag man auch nicht mehr fighten. Was solls also? Wir sind auch mit zu viel Fernsehen gross geworden.

 

Ja! Darum!

Das Jugendalter ist ein empfindliches Alter. Jugendliche müssen alles ausprobieren. Weil sie aber noch keine ausgeprägte Impulskontrolle haben, kann es dabei zu einseitigen Entwicklungen und Kompensationen kommen. Vereinfacht gesagt: Sie können erstens nachteilige Gewohnheiten entwickeln. Als Eltern wissen wir, wie hart es ist, solche Gewohnheiten wieder loszuwerden. Jugendliche können sich zweitens an einseitige und nachteilige Formen der Bedürfnisbefriedigung gewöhnen. Statt 100 Wege zur Entspannung kennen zu lernen, reduzieren sie ihr Repertoire auf das Abhängen vor dem Fernseher. Statt Anregung in Gesprächen, dem Flirt oder in Projekten zu finden, reduzieren sie sich auf das Spielen immer neuer Games. Als Eltern können wir über Grenzen, Rahmenbedingungen, Regeln und als Vorbild Einfluss nehmen.

 

Das Ziel

Sie brauchen brauchen nun nicht zu den „härtesten Eltern der Welt“ zu werden. Heimische Bootcamps sind nicht zielführend. Selbst zu restriktive Regeln führen lediglich zu vielen Heimlichkeiten. Schliesslich geht es in der Medienerziehung auch nicht bloss um Regeln und Grenzen. Das Ziel ist ja eigentlich die gelingende Mediennutzung im Alltag. Und das ohne schlechte Gewohnheiten oder Kompensationen. Hierauf sollte der Fokus gelegt werden. Und weil die Jugendlichen das nicht automatisch draufhaben, ist das Dranbleiben wichtig. Auch weil die Kinder medienmässig noch nicht wirklich fit sind. Und wie wir uns um die schulische Entwicklung oder die Berufswahl „mitkümmern“, sollten wir auch bezüglich der gelingenden Mediennutzung unseren Teil beitragen.

Aber wie?

Wie können wir als Eltern dranbleiben? zischtig.ch geht diesen Fragen in Vorträgen und einer Reihe von Artikeln nach. Folgende Leitsätze haben uns selbst und vielen weiteren Familien geholfen:

  • Vorbild: Grenzen setzten und Konfrontationen sind nur das Eine. Genau so wichtig ist das Vorbild. So kann ich auch Einfluss nehmen.
  • Kreatives hilf auch: Mit der Anregung oder Befähigung zu kreativem Tun mit Medien trage ich auch zu einem verbesserten Umgang mit Medien bei. Man könnte hier von einem Bonusprogramm sprechen.
  • Das Paradox: Mit Grenzsetzungen zeige ich aber auch meine Treue, mein Interesse am Wohlergehen des Kindes. Auch wenn es das heute noch nicht versteht. Das Dranbleiben ist wichtig.
  • Übungsräume: Es ist ok, den Kindern zwischendurch auch Raum zu lassen. Schliesslich müssen sie lernen, auch ohne unsere Regeln zu funktionieren. Wichtig bleiben Beobachtungen, Rückmeldungen und Gespräche.
  • Auf Regeln zurückkommen: Und wenn die Kinder mit den Übungsräumen nicht klar kommen, so kann man auf alte Regelungen zurückkommen. Das schafft zwar Konflikte, kann aber durchaus im Sinne einer gesunden Entwicklung liegen. (Den Dank für die Hilfestellung der Grenzsetzung oder Kontrolle werden Sie frühestens in ein paar Jahren erhalten. Vielleicht auch nie.)