Nicht immer gelingt der Beziehungsaufbau zwischen Lehrperson und Eltern. Dabei können die Lebensumstände von Familien ein grosses Kontakthindernis bilden. zischtig hat in einem Pilotprojekt mit dem somalischen Kulturverein verschiedenen Szenarien erprobt, wie Medienkomptenzen bei anderen Kulturen gefördert werden können.

Die Fachstelle für Integrationsfragen im Kanton Zürich hat für einen interkulturellen Austausch geworben: 2 Vereine, 2 Kulturen – mit finanzieller Unterstützung. zischtig.ch und der Somalische Kulturverein haben sich zusammen an einen Tisch gesetzt und die Problemlage analysiert. Es war schnell klar: Somalische Familien haben viele Kinder. Beide Elternteile sind oft auf Schichtarbeit angewiesen, um die Betreuung der Kinder zu gewähren. Hinzu kommen sprachliche Hürden – selbst wenn viele Schulen bereits mit Dolmetschern arbeiten – vor allem Mütter fühlen sich zu unsicher.

Verschiedene Workshop-Settings wurden erprobt

1. Informationsveranstaltung am Abend für Somali

Nach einem ersten Austausch zwischen zischtig.ch und dem Somalischen Kulturverein stand fest: An einem ersten Informationsabend soll über mögliche Themen informiert werden. Die Somali sollen dafür sensibilisiert werden, dass nicht nur in der Schule sondern auch Zuhause Medienkompetenzen erlernt werden müssen.
Die Somali trafen sich für einen Austausch. Mit einem Übersetzer konnte zischtig.ch einen Einblick in die Themen rund um Social Media bieten. Die Wichtigkeit wurde erkannt. Interessant für zischtig.ch war, dass ausschliesslich Männer anwesend waren. Trotz sprachlicher Barriere entstanden angeregte Gespräche zu Instagram, Snapchat usw. Und schnell war klar, die Männer wünschen sich beim nächsten Treffen mehr Informationen bezüglich Cybergrooming, Persönlichkeitsschutz und Kreativität. Zu diesem Abend gibt es ein Kurzvideo.

2. Abendworkshop für Männer im Seminarraum

Nach somalischer „Pünktlichkeit“ trafen nach und nach die Somali für den Medienkomptenz-Workshop ein. Es waren rund 20 Personen. Dank Übersetzung und vereinfachter Sprache durch zischtig.ch konnten die gewählten Themen zu Cybergrooming, Persönlichkeitsschutz und Kreatives mit digitalen Medien auf eine lockere und humorvolle Art besprochen werden. Sie waren sehr interessiert, stellten viele Fragen. Die am Schluss vorgestellten Kindersuchmaschinen stiessen ebenfalls auf grossen Anklang: Schliesslich sind da die Dinge in sehr einfacher deutscher Sprache geschrieben. Also auch ein Übungsfeld, um selber die Sprache besser zu lernen – gemeinsam mit den Kindern.

3. Frauenrunde Vormittag

Der dritte Anlass war den Frauen vorbehalten. Bei einer somalischen Familie in Auzelg zuhause traf man sich. Die Gastgeberin konnte gut deutsch und somalisch, bei den anderen 5 Frauen war es unterschiedlich. Das Setting war optimal, alle konnten ihre persönlichen Fragen stellen. Vieles war aber doch rein technisch. Viber auf dem Tablet – geht das? Wie kann ich das Mailkonto auf dem Handy einrichten? Und was gibt es für Lernapps, welche Sicherheitseinstellungen kann ich vornehmen am Gerät, usw. Die Frauen waren sehr wissbegierig und lernten viel Neues. Nach 2.5h musste man aber dann doch schnell zu einem Schlusspunkt kommen. Das Mittagessen für die Kinder stand auf dem Programm.

4. Frauenrunde Abend

Die letzte Runde war am Samstagabend, bei einer anderen Familie. Die Rahmenbedingungen waren herausfordernd: Kinder und Jugendliche in der Wohnung verlangten immer wieder nach der Aufmerksamkeit der Mütter. Der Raum war relativ dunkel, der Internet-Empfang schlecht und das hauseigene Modem hatte einen WLAN-Code bei dem man sicher zig-fach vertippen konnte. Dennoch schafften wir es, dass wir wenigstens alle gemeinsam ein paar Einstellungen am Gerät anschauen konnte. Wie lädt man eine App herunter? Wie stelle ich einen mobilen Hotspot her? Was gibt es für kreative Apps für Kinder? Für die letzte Frage konnten wir natürlich auch gleich die Kinder miteinbeziehen und es wurde den somalischen Mütter schnell klar: Man kann einem 4jährigen Kind nicht einfach ein Tablet in die Hand drücken – es braucht Begleitung.

160407 image

Was wir daraus lernen?

Der Somalische Kulturverein setzt sich stark dafür ein, dass sich Familien in der Schweiz zurechtfinden, zu ihren Papieren kommen, Arbeit finden und sich auch mit der Schweizer Kultur vertraut machen. Dank dem Austausch mit zischtig.ch konnte zusätzlich der Aspekt „Medienkompetenz“ aufgenommen werden. Es scheint ein grosses Bedürfnis zu sein, für die ganze Familie. Während Männer sich gerne an gemeinsamen Veranstaltungen austauschen, treffen sich die Frauen lieber bei einer somalischen Freundin zuhause, reden, kochen und essen zusammen. Um diese Eltern zu erreichen, bedarf es andere Settings. zischtig.ch kann einmal mehr bestätigen, dass es sich lohnt, die Eltern dort anzusprechen, wo sie sich sowieso schon bewegen: Angebote vor Ort ohne Reiseweg, geringe Kosten und viel Spass sowie Austausch in der Muttersprache muss möglich sein. Dann gelingt Medienbildung. „Gemeinsam stark für Medienkompetenz“ ist ein gelungenes Pilotprojekt, eine Fortsetzung wäre seitens der somalischen Familien wünschenswert.

Projektleitung:
Sharmila Egger, Verein zischtig.ch
Bashir Gobdon, Somalischer Kulturverein Zürich

Herzlichen Dank an die Fachstelle für Integrationsfragen, Direktion der Justiz und des Inneren, Kanton Zürich für die Ermöglichung dieses Projekts.