Das Modell „HALT“ hat sich nicht nur in der Bearbeitung von schwierigen Situationen bewährt. Es kann Eltern in einer erweiterten Deutung auch helfen, problematische Entwicklungen in der Mediennutzung zu erkennen. 

zischtig.ch hat bei Gamern nachgefragt, was alles zum gelingenden Gamen dazugehört. Immer wieder ist von diesen selbst zu hören, dass es ein gewisser Respekt vor den „süchtigmachenden Seiten“ des Gamens braucht. Es brauche eine gewisse Aufmerksamkeit gegenüber ersten Alarmzeichen. Bei den Elternabenden von zischtig.ch wird daher empfohlen, eine gewisse „Awarenes“, also eine etwas erhöhte Aufmerksamkeit zu entwickeln. Es soll dabei nicht um „Alarmismus“ gehen, sondern um einen gesunden Respekt. 

Besetzt?

Neben professionellen Diagnosen, Onlinetests oder eigener Intuition mag es sinnvoll sein, Anhaltspunkte zur Beobachtung der Kinder zu kennen. Die einfachste Frage lautet wohl: „Ist das Kind anhaltend und intensiv von einem gewissen Medium besetzt?“ Also nicht bloss mal ein paar Wochen intensiver mit einem Game beschäftigt, sondern wirklich besetzt! Das kann nicht nur bei Games geschehen. Das kann auch bei der Social Media-Nutzung oder beim Chatten beobachtet werden. Ist die Tochter vielleicht von Tik Tok besetzt? Ist sie seit langem permanent durch WhatsApp besetzt? Häufiger, als das bei Gleichaltrigen sonst so zu beobachten ist? Ein solches „Besetzt-sein“ kann ein Hinweis auf eine Abhängigkeit sein. 

Wird was kompensiert?

Eine zweite Beobachtungsfrage könnte lauten: „Wonach sieht das aus? Will meine Tochter mit ihrem Leben auf Instagram etwas kompensieren? Oder ist es zwar intensiv, aber einfach eine Ergänzung?“ Es geht hier um die Beurteilung der Qualität der Mediennutzung. „Braucht der Sohn das Gamen, damit er das Gefühl hat, das Leben kontrollieren zu können? Oder gamet er zwar viel, aber wirklich nur aus Spass?“ Wenn Eltern das Gefühl, haben, dass in der Mediennutzung über längere Zeit etwas kompensiert wird, so könnte das ein weiteres Indiz für eine Abhängigkeit sein. 

Modell HALT+

Schliesslich wird auch das HALT-Modell gerne „erweitert“ und als Beobachtungs-Tool verwendet. Hinter der HALT-Tafel stehen vier Punkte, die zusammen beobachtet werden könnten. Beispielsweise bei einem intensiv gamenden Jugendlichen: 

1. H: Ist er total hungrig (hungry) nach dem Game? Ist der Alltag bestimmt von Fortnite oder apex?

2. A: Reagiert er verärgert (angry) oder gar aggressiv bei längerem Medienentzug?

3. L: Macht er noch oft ab? Oder beginnt er sich zu isolieren (lonely)?

4. T: Ist er immer wieder mal müde (tired)? Spielt er vielleicht nachts?

Keine Schande

Wenn alle Beobachtungen auf Probleme hinweisen, so ist allenfalls ein Gespräch mit einer Fachperson angezeigt. Hilfe finden Sie bei Suchtpräventionsstellen Ihrer Region. Normalerweise kann auch der Kinder und Jugendpsychiatrische Dienst mit Fachpersonen für eine Abklärung dienen. Wichtig ist Folgendes: 

  • Es kann einfach passieren, dass Ihr Kind betroffen ist. Die Wahrscheinlichkeit ist doch relativ gross. 
  • Husten? Hautveränderungen? Wenns körperlich wo zwackt, dann suchen wir auch schnell eine Ärztin zur Abklärung auf. Mit der selben Selbstverständlichkeit können wir das bei möglichen Anzeichen für eine problematische Mediennutzung tun. 
  • Schicken Sie nicht einfach Ihr Kind. „Du hast ein Problem, mach Therapie!“. Der Erfolg von Klärung und Therapie bedarf erst das Engagements der Eltern. Im Zweifelsfall gehen Sie sogar erst alleine auf eine Beratungsstelle. 

Eine Übersicht unterschiedlichster Beratungsstellen finden Sie auf https://www.jugendundmedien.ch/de/angebote-beratung/anbieterinnen-schweiz.html