Seit dem 17. September 2013 ist „Grand Theft Auto V“ erhältlich. Der Shooter ist für Leute über 18, aber attraktiv für alle ab 10. Ein Spieler-Bericht.

„Ich stehe als Trevor Philips (Protagonist in GTA) auf der Spitze des Mount Chiliad, des höchsten Berges der gesamten Insel und das Panorama ist atemberaubend. Zu meinen Füssen liegen 125 Quadratkilometer offene Spielwelt, die es zu Fuss, per Auto, Motorrad, Fahrrad, Bahn, Flugzeug, Schiff oder per U-Boot zu erkunden gilt. Wäre das Wetter im Moment nicht so bewölkt, könnte ich mit dem Feldstecher in der Ferne hinter den Bergen die Lichter und Hochhäuser der Grossstadt Los Santos erspähen. Eine Los Angeles nachempfundene und äusserst lebendige Metropole mit unterschiedlichen Stadtvierteln, einem eigenen Strassenbahnnetz, Flughafen und Hafen. …

 

Diese offene Spielwelt mit scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten ist seit jeher Markenzeichen der Spielserie GTA. In diesem virtuellen Sandkasten kann ich meine Spielcharaktere mit der passenden Frisur, Kleidung und Tattoos versehen und Autos bis aufs genauste tunen. Zwischendurch kann ich mit dem Hund Gassi gehen, Yoga machen, Tennis spielen, golfen, an Triathlons teilnehmen, mit dem U-Boot nach Schiffswracks tauchen, Achterbahn fahren, einer Sekte beitreten, mich betrinken, einen Joint rauchen und halluzinierend auf Aliens schiessen, ins Kino gehen oder TV schauen, die Aktienkurse im Internet beobachten und mit Aktien handeln, mit meinem Smartphone Fotos machen usw. 

Diese dargestellte Lebenswelt steht der realen Alltagswelt um nichts nach und das Leben Erwachsener nachzuspielen hat für Kinder von kleinauf seinen Reiz. Ausserdem wird hier eine amerikanische Gesellschaft voller Gewalt und Kriminalität präsentiert, wie sie die Kinder schon aus einigen Filmen kennen dürften. In GTA sind dem Handeln keine moralischen Grenzen gesetzt. Problematisch: Knapp 30 Waffentypen stehen mir als Spieler zur Verfügung. Vom Baseballschläger über abgesägte Schrotflinten, AK-47, Granatwerfer und Haftbomben bis zum Benzinkanister, mit dem sich alles und jeder in Flammen setzen lässt. In GTA ist es völlig ok, Passanten zu verprügeln, zu quälen, auszurauben, hinzurichten, zu überfahren oder weitere Tötungsarten auszutesten. Kinder wissen das genau und nannten dies mir gegenüber explizit als Stärke des Spiels. Solche Beobachtungen vermögen eine Ahnung davon geben, warum für GTA ein Mindestalter von 18 Jahren empfohlen ist. 

Ein weiterer Grund für PEGI (Pan European Game Information) das Game wegen „extremer Gewalt“, „wiederholten, grundlosen Tötungshandlungen“ und „Gewalthandlungen gegenüber wehrlosen Personen“ erst ab 18 Jahren freizugeben, dürfte auch die Story des Spiels gewesen sein. Wenn man sich nicht gerade ziellos durch die Landkarte killt, spielt man eine der drei Hauptcharakteren Franklin, Michael oder Travis, deren kriminelle Schicksale sich im Verlauf des Spiels miteinander verweben und zwischen denen man per Knopfdruck wechseln kann. 

Stein des Anstosses ist dabei der Soziopath Trevor Philips (Von einigen Kindern als Lieblingscharakter genannt). Am ganzen Körper tättowiert, fettigen Haaren, loderndem Blick und schmuddeligem Hemd wohnt der Ex-Militär in einem Wohnwagen in den Hügeln und ist stark drogensüchtig. Trevor ist ein Vorbote der Gewalt, moralische Werte kennt er nicht und seine Taten geschehen aus Willkür. Er verrichtet sein Geschäft in der Öffentlichkeit, flucht, prügelt, tötet in seinen cholerischen Wutausbrüchen Unschuldige und verkehrt mit einer Kannibalen-Sekte. So kommt es im Verlauf der Story zu einer kontroversen Szene, wo Trevor einen Mann foltert. Als Spieler kann ich entscheiden mit welchem Instrument ich foltern möchte: Zerschlage ich die Kniescheibe mit einer Rohrzange, ziehe ich einen Zahn, setze ich Elektroschocks oder doch eher Waterboarding ein? Um den Zahn auch auszuziehen muss der Spieler dann mit dem Controlstick rotieren…

 

Ich habe die Spielreihe GTA seit Teil 2 aktiv mitverfolgt und auch gerne gespielt. Die Möglichkeiten in der Spielwelt haben sich bis „Grand Theft Auto: San Andreas“ stets vervielfacht und sind nun scheinbar unbegrenzt. Mit Teil 4 und jetzt Teil 5 hat sich der Game-Entwickler Rockstar aber auch zum Ziel gesetzt, eine möglichst realistische Darstellung dieser immer grösseren Spielwelt zu erreichen. Das Spiel scheint sich mit jedem Teil übetrumpfen zu wollen was die realistische Darstellung von Gewalt und Brutalität angeht. Wenn also Teil 2, der noch zweidimensional war, schon ab 18 Jahren freigegeben war, so stimmt dies für Teil 5 erst recht. Das Spiel gehört keinesfalls in Kinderhände, denn es enthält Inhalte, die selbst für Erwachsene moralisch fragwürdig sind.“

 

Beim obigen Text handelt es sich um einen Bericht zum Erleben und zu den Gedanken eines Spielers. Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf „pädagogische Richtigkeit“.

Lukas Vollenweider (JZ)