Digitale Medien: Was brauche ich da wirklich und was ist nur Ballast?

Wir führen so viele Diskussionen mit unseren Kindern über die Medienzeit, die Inhalte, Altersangaben und so weiter und so weiter. Wir Eltern möchten hinschauen, zuwarten mit den Geräten solange es geht und unsere Kinder auf die digitale Welt vorbereiten. Das ist gut und wichtig. Wir schauen bei den Kids genau hin…

Doch schauen wir auch bei uns selbst so genau hin?

Nein, das ist doch was vollkommen anderes…

Schliesslich brauchen wir die Geräte ja zum Arbeiten. Wir müssen Mails beantworten, Nachrichten lesen, informiert bleiben, mitreden, unser Leben mit Freunden teilen und trotzdem Zeit finden, um unsere Lieblingsserie zu gucken, denn wir sind ihr ja schon seit vielen Jahren treu und irgendwie hilft sie uns beim Runterkommen nach einem anstrengenden Tag. Bei uns Erwachsenen ist das was vollkommen anderes… oder?

Eigentlich wollen wir unseren Kindern gute Vorbilder sein. Stimmt es, dass ich so gut erreichbar sein muss? Wer sagt das? Muss ich meine eigenen Glaubenssätze hinterfragen? Das kann ganz schön unangenehm sein. Muss ich jetzt ganz auf Digitales verzichten? Ein Digital Detox?

Nein, natürlich nicht. Aber ich sollte mir meine eigene Bildschirmzeit mal genauer anschauen und sehen, wo ich am meisten Zeit verbringe. Bin ich vielleicht schon gestresst, wenn ich mein Smartphone nur auf dem Tisch liegen habe? Gehe ich dann immer wieder dran?

Muss ich so regelmässig erreichbar sein? Oder reicht es nicht einfach, wenn ich während der Arbeitszeit da bin? Vielleicht kann ich ja abends mein Handy auch ausschalten, denn eigentlich will ich mehr Zeit für mich selbst und meine Familie haben.

Wenn ich News lese, bin ich dann informiert? So viele Informationen geistern im Internet herum, ständig gibt es neue Nachrichten. Muss ich das wirklich wissen, wenn in China ein Sack Reis umfällt? Oder habe ich FOMO?
Fear of Missing Out, die Angst etwas zu verpassen gibt es nämlich nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich mich fragen, ob mir all die News auf meinem Handy wirklich guttun oder nicht.

Mit Google Maps durch die Landschaft cruisen kann sehr praktisch sein. Ich sehe immer, wo ich bin, wo hin ich gehen muss und muss nicht selbst überlegen. Doch verliere ich so vielleicht mein Gefühl für meine Umgebung? Verlerne mich an der Landschaft und an Gebäuden zu orientieren? Vergesse im Moment zu leben?

Überprüfen Sie ihre Glaubenssätze.

Ich meine damit nicht, dass sie ihr Smartphone entsorgen und den Wlan-Router aus dem Haus werfen sollen. Digitale Medien können gut und nützlich sein. Jedoch: Es ist gut, wenn wir unsere Mediennutzung hinterfragen. Nicht mit Scham. Eher mit der Frage: Was wurde mir da einst vermittelt? Ist das Mail auf dem Handy wirklich eine gute Sache? Habe ich nicht etwas besseres verdient? Ist „Mail auf dem Handy = Gut“ einfach ein Glaubenssatz der Technologiekonzerne? Stimmt er für mich?
Ich kann versuchen einige Dinge wegzulassen und zu sehen, wie es mir dann geht. Keine Mails mehr auf dem Handy anschauen, keine Geräte im Schlafzimmer, einen internetfreien Nachmittag mit der Familie planen, die App-Benachrichtigungen ausschalten, …

Selbstführsorge und Glaubenssätze zu hinterfragen ist der erste Schritt, um für unsere Kinder ein besseres Vorbild zu werden. Ein kleiner Schritt kann mit der Zeit grosse Veränderungen bringen. Deshalb lösche ich die Arbeits-Mails jetzt von meinem Smartphone.

Buchtipps zum Thema:

Eidenbenz, und Franz. Digital-Life-Balance: Bewusst und selbstbestimmt dem Online-Sog begegnen. 1. Aufl. Zürich: Beobachter-Edition, 2021.

Korte, Martin. Frisch im Kopf: Wie wir uns aus der digitalen Reizüberflutung befreien – Mit vielen konkreten Tipps für fokussiertes Arbeiten und effektives Lernen. München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2023.

Miller, Anna. verbunden: Wie du in digitalen Zeiten wieder Platz schaffst für Dinge, die dir wirklich wichtig sind | Ein Ratgeber für digitale Balance. 2. Aufl. Berlin: Ullstein Taschenbuch, 2023.