Dieser Zusammenhang wird oft behauptet. Oft mit Bezug auf angeblich wissenschaftliche Grundlagen. Doch so einfach ist es nicht. Eine Studie zeigt: Bei 14 bis 17-Jährigen hängen Schulleistungen eher mit dem Familienklima zusammen. 

Die Frage wird schon lange diskutiert: Welche Faktoren beeinflussen den Schulerfolg von Kindern und Jugendlichen? Früher waren es Mädchen vom Lande, die geringe Bildungschancen hatten. Später männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund. Heute ist gerne zu hören, dass es an der Mediennutzung liegt. Geschlecht? Milieu? Oder liegt es am Ende am Gamen?

Michaela Hauenschild und Anja Schwedler haben sich eingehend mit dieser Frage befasst. Unter dem Titel „Familie – Computerspiele – Schule“ schreiben sie im „merz“ vom Dezember 2014 ((Hauenschild, M. & Schwedler, A. (2014), Familie – Computerspiele – Schule. Empirische Ergebnisse zur relationalen Bedeutung von familialem Umfeld und intensiver Computerspielnutzung für formale Bildung in der Adoleszenz. in merz, medien + erziehung, zeitschrift für medienpädagogik, 58. Jahrgang Nr. 6, Dezember 2014, kopaed Münschen)) über ihre Forschungsergebnisse.

 

Das Familien-Klima ist wichtig

Die Autorinnen haben mit Daten von 1’700 Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 gearbeitet. Aufgrund der Daten konnten Sie folgende Einflussfaktoren vergleichen:

  • Geschlecht
  • Schulform
  • Einkommen und Bildungsstatus der Eltern
  • Familienklima aus der Sicht der Eltern
  • Familienklima aus der Sicht der Jugendlichen
  • Computerspielnutzung

Als wichtigstes Ergebnis kann bezeichnet werden, „… dass die Annahme eines direkten Zusammenhangs zwischen der Computerspielnutzung Jugendlicher und ihrem schulischen Erfolg für die untersuchte Stichprobe nicht zu halten ist, …“ Mit anderen Worten: Andere Einflüsse sind ebenso wichtig oder sogar wichtiger. Die Daten sprechen eine klare Sprache: Der wichtigste Einflussfaktor für die schulischen Leistungen ist das Familienklima. Die intensive Nutzung von Computerspielen hat so gut wie keinen Einfluss, wenn das Familienklima förderlich ist.

 

Gamen wenn’s zuhause „scheisse“ ist?

Das oben erwähnt Ergebnis kann in gewisser Weise beruhigen. Doch stellt sich natürlich schnell die Frage, ob vielleicht exzessives Gamen und schlechtes Familienklima zusammenhängen? Frau Hauenschild geht davon aus, das dies klar der Fall ist. Wenn das Leben in der Familie belastet und belastend ist, so finden Jugendliche in Computerspielen wichtige Freiräume sowie die Möglichkeit, ihre emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen.

Gleichzeitig ist aber zu fragen, ob das belastete Klima vielleicht auch mit der „vorschnellen Verurteilung von Computerspielen durch die Elterngeneration“ zu tun hat. So gesehen könnte sich das Einschiessen auf eine reduzierte Computerspiel-Nutzung gerade gegenteilig auswirken.

 

Und nun?

Was heisst das nun für Medienerziehung und Medienbildung? Für Eltern könnte gemäss des Artikels von Hauenschmid und Schwedler Folgendes wichtig sein:

  • Die Einschränkung der Game-Aktivität unserer Sprösslinge ist speziell in der Jugendzeit vorsichtig vorzunehmen und abzuwägen. Wenn damit permanent ein schlechtes Klima geschaffen wird, so muss der Beziehungs- und Klimapflege Vorrang gegeben werden. Sonst leidet die Schulleistung.
  • Solange das Klima in der Familie gut ist, müssen wir auch nicht unbedingt in Panik verfallen, wenn die Jugendlichen mal etwas intensiver gamen. Die Schulleistungen müssen nicht unbedingt darunter leiden. Ein Gefühl der Entlastung und ein unaufgeregter Umgang mit Fragen rund ums Gamen ist einer umfassenden Medienerziehung durchaus zuträglich.
  • Weitere Untersuchungsergebnisse lassen zudem folgenden Schluss zu: Es ist wichtig, welche Mediennutzung die Jugendlichen bei den Eltern erleben. Sehen sie uns vor allem glotzen oder bloggen? Medienerziehung im Jugendalter heisst also einmal mehr, die Medien möglichst breit und vorbildlich zu nutzen.

 

Und die Pädagogen?

Die Arbeit von Hauenschmid und Schwedler fordert auch Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Jugendarbeitende heraus. Sie sind angehalten, intensiv gamende Jugendliche nicht von vornherein mit schlechten schulischen Leistungen in Verbindung zu bringen. Denn schon lange ist klar: Die schulische Leistung hängt wesentlich mit der von der Lehrkraft erwarteten Leistung zusammen!

 

Illustration 2 zum Blogbeitrag