Mindestens 25 sehr umfassende Verträge geht ein Kind mit Smartphone bis zum 6. Schuljahr ein. Die meisten davon tangieren die Privatsphäre. Anlass für Gespräche und nahe Begleitung. Ein Beispiel: Führen Sie Ihr Kind durch die Snapchat-Anmeldung. 

Mike Würmli von zischtig.ch wollte es genau wissen: Wie gross wird das Vertragswerk, wenn man die wichtigsten Verträge von Kindern oder Jugendlichen mit Providern, Geräteherstellern und App-Anbietern zusammen nimmt. Bei einem sehr vorsichtigen Kind mit bloss den wichtigsten Apps ergeben sich doch 25 Verträge. Wenn man diese ausdruckt und auf die Waage legt: über 3 Kilogramm Papier. Die Textmenge lässt sich wohl mit einem dickeren Band von Harry Potter vergleichen. Vieles auch in Englisch. 

 

„Besseres Nutzer-Erlebnis“

Die meisten Verträge sind vor lauter Juristen-Kauderwelsch kaum zu verstehen. Länge, Verklausulierungen oder Fremdsprachen machen eine Prüfung praktisch unmöglich. Vor allem aber sind die Texte ein Meisterstück an Marketing. Unter dem Stichwort „besseres Nutzer-Erlebnis“ verkaufen die meisten Anwendungen ihre Übergriffe auf unsere Daten. Faceboock schaut sich im Browserverlauf um, Games bedienen sich an Standortdaten, Bewegungsdaten, Apps und Kontakten. Wer diesen Verträgen zustimmt erlaubt eine breite Preisgabe. 

 

„Die Verträge liest eh keiner!“

Tatsächlich ist es illusorisch, alle Verträge zu lesen. Dennoch ist die Lektüre einzelner Vereinbarungen mit Social Media-Plattformen durchaus sinnvoll. Am besten gleich mit dem Kind. Die gemeinsame Lektüre trägt zur Medienbildung bei. So wird auch die kritische Sicht auf die Anbieter digitaler Geräte und Dienste gefördert. 

 

Dekonstruktion ist wichtig!

Nach dem Lesen von Verträgen und Datenschutzbestimmungen können folgende Erkenntnisse festgehalten und diskutiert werden: 

  • Läuft was schief, so sind nie die Anbieter digitaler Dienstleistungen schuld. Sie werden nie Verantwortung übernehmen. 
  • Läuft was schief, sind die NutzerInnen eigentlich immer auf sich alleine gestellt. Man will nach Möglichkeit keinen Kontakt mit den Kunden. 
  • Die meisten Anbieter versuchen gut zu verstecken, was sie an persönlichen Daten absaugen. 
  • Es wird nie so richtig klar, was mit den bei Nutzerinnen und Nutzern gewonnenen Daten genau gemacht wird. 

 

Sie können etwas tun!

Leider sind keine Vertragsanpassungen möglich und manchmal scheint alles aussichtslos. Es gibt jedoch fünf Dinge die Sie mit Ihren Kindern und Jugendlichen tun können: 

  • Erstens: Löschen Sie alle Apps, die Sie nicht wirklich brauchen. Jede App bedient sich in irgend einer Art an Ihren persönlichen Daten. 
  • Zweitens: Bei den verbleibenden Apps können Sie darauf achten, dass diese nicht mit Ihrem Google, Facebook oder Apple-Account verbunden sind. Ein Beispiel: Sie brauchen die App Google Maps nicht mit Ihrem Google-Account zu verbinden, auch wenn Google das natürlich wünscht. (Apropos: Openstreetmap ist eine gute Alternative zu den Platzhirschen)
  • Drittens: Nutzen Sie die Datenschutz-Möglichkeiten um möglichst wenig Daten zu sammeln und anzubieten. Die Weitergabe von Standort, Bildern, Kontakten etc. kann unterbunden werden. Mehr in unseren Workshops „Mein Handy – sauber und sicher“.
  • Viertens: Nutzen Sie die Spielräume! Bei Snapchat kann man immer noch umgehen, dass sich der Dienst gleich aller Kontakte bemächtigt. Kinder melden sich aber immer zu schnell an und klicken gleich auf „Freunde finden“ … schon passiert. Machen Sie die Snapchat-Anmeldung zusammen mit dem Kind. 
  • Fünftens: Testen Sie Alternativen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Threema, DuckDuckGo,  Mastodon & Co. bieten saubere und gute Ausweichmöglichkeiten. 

 

Bilder: Joachim Zahn