Jugendmedien-Anlässe bringen Herausforderungen für Infrastruktur, Personal und Arbeitsweisen. 

Natürlich liegt es mir, dem Schreiber aus der Sozialen Arbeit, fern, den Bibliotheken irgendwelche Vorwürfe oder Vorschriften zu machen. Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich somit auch nicht auf empirisch belastbare Studien sondern sind lediglich ein paar Beobachtungen meinerseits. Für eine süffigere Lesbarkeit sind sie jedoch auch mal etwas „zugespitzt“ formuliert.

Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass sich Medienanlässe mit Jugendlichen für Bibliotheken lohnen können. Gratis geht das leider nicht. Ich vermute, dass viele Bibliotheken noch nicht ganz bereit sind. Nicht, dass sie nicht gewillt wären, aber aus meiner Sicht müssen für solches Arbeiten ein paar „Grundbedingungen“ erfüllt sein. Nicht gleich alle aufs mal. Aber doch gleich ein paar zusammen.

 

Haltung als Voraussetzung

Die angedeuteten „Grundbedingungen“ betreffen auf einer ersten Ebene Haltungsfragen. Wenn sich Jugendliche angesprochen fühlen sollen, so muss das über unterschiedliche Momente und Massnahmen erlebbar gemacht werden:

  • Es braucht Personal, welches sich für die Medien der Jugendlichen interessiert. Wenigstens ein grösserer Teil des Teams müsste also Instagram haben, oder auch Internet- und Youtube-Quellen kennen. Wenn Mitarbeitende das nur hohl finden oder auch einfach keinen blassen Schimmer haben, was da geht, so wirkt das wenig attraktiv. Sie mögen denken: Was nützt denn das? Glauben Sie mir: Das wird wahrgenommen. Insbesondere dann, wenn die Zeichen solcher Medien auch aufscheinen dürfen. Wenn mal auf einem Bildschirm eine Social Media Anwendung zu sehen ist. Wenn zu einem gesuchten Thema auch mal Youtube empfohlen werden kann. Etc.
  • Idealerweise werden auch offizielle Zeichen gesetzt: Die Bibliothek muss heute einfach auf Facebook, Instagram und allenfalls Twitter sein. Bei einer einfachen Umschau bei den grösseren und bekannteren Schweizer Bibliotheken ist mir aufgefallen, dass noch kein Drittel der Bibliotheken solche Kanäle auf der Homepage angibt. Man muss diese Kanäle verstehen wie Qualitäts-Labels, wie Zertifikate.
  • Idealerweise gibt es natürlich auch einladende Aktionen. Sicher: über gute Veranstaltungen für Schulklassen lässt sich was machen. Gemeint sind aber eher Aktionen die Jugendliche anziehen und zeigen, dass eben deren Kultur ernst genommen wird. Beispielsweise wäre es denkbar, über eine Instagram-Ausstellung, eben das Jugendliche Medium, in den Mittelpunkt zu stellen und lokale Fotokünstler im Jugendalter zu begrüssen.
  • Super, wenn bei diesen einladenden Aktionen auch sichtbar wird, dass hier an die Jugendlichen Medien gedacht wurde. Bei einer Ausstellung sollten die Besucher und Besucherinnen allenfalls sehen, dass hier auch mal die neuesten Games auf den neuesten Konsolen gespielt werden können. Dass man VR-Brillen testen kann. Und nicht mit aggressiven Verkäufern die einem dann bedrängen. Sondern in Ruhe und mit brauchbaren und ausgewählten Medien. Diese Infrastruktur und entsprechende Medien sind unabdingbar. Es geht quasi darum, dass die Jugendlichen einen Anschluss an die Aktion sehen.
  • Zur Haltung kann auch gehören, dass man doch auch darauf achtet, dass junges Personal da ist und dass dieses auch sichtbar ist. Sie können das allenfalls über „richtige Mitarbeitende“, Zivildienstleistende oder Praktikantinnen sicherstellen. Das wirkt.
  • In diesem Zusammenhang: Es braucht wenigstens Personal, das in der neuesten Zeit angekommen ist. Die „typischen Kampfbibliothekarinnen“ die mit Vehemenz für Ruhe einstehen und es auch nicht ertragen, wenn Medien vor allem angeschaut werden, wenn Jugendliche zusammen lachen, wenn mal gegamet wird oder „die falschen Medien“ gewünscht werden, sind abschreckend. Das braucht sich keiner zu geben.

Bereitschaft Friktionen zu handhaben

Auf einer zweiten Ebene brauchen Bibliotheken die Bereitschaft zu etwas Flexibilität und Konflikt. Konflikt in dem Sinne, als Zusammenarbeiten und Neues immer Störungen mit sich bringen. Bezogen auf die bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Bibliotheken müssen folgende Punkte zwingend betrachtet werden:

  • Wenn Sie sich auf den beschriebenen Weg machen möchten, so sind erst mal interne Fragen und Konflikte aufgeworfen. Wer hat die Kompetenz im Namen der Bibliothek zu „Instagrammen“? Auf einem privaten Gerät? Auf einem Firmen-Gerät? Schliesslich läuft Instagram ja nicht auf dem PC! Etwas Mobiles muss her. Und wenn das mal geklärt ist: Ist es ein Profil von „Susanne Schär, Bibliothek Sigriswil“ oder ein Profil der „Bibliothek Sigriswil“? Marketing-mässig wäre das Profil der Susanne Schar besser. Aber können sich die Verantwortlichen zu sowas überwinden? Braucht es allenfalls ein Reglement? Ist Instagram noch aktuell bis das Reglement erarbeitet ist? Es stellen sich schnell mal tausend Fragen die nur von einer Bibliothek bewältigt werden können, die schnell, pragmatisch und unbürokratisch handeln kann.
  • Aktionen während dem laufenden Betrieb: 3D Druck, Gestalten am Tablet, etc. sind während dem laufenden Betrieb gut möglich. Es muss bloss darauf geachtet werden, dass nicht zu viele Kurse oder Veranstaltungsteilnehmende einlaufen. Ausserdem ist mit Kursleitenden darauf zu achten, dass man nicht viel referieren kann, sondern den Teilnehmenden die Handlung überlassen muss. Davon können die Anlässe aber nur profitieren.
  • Andere Betriebskulturen: Wer mit Externen zusammenarbeitet muss darauf gefasst sein, dass da andere Kulturen herrschen. Bei zischtig.ch dürfen Sie beispielsweise nicht erwarten, dass für jeden kleinen Event auch noch eine Vorbesprechung stattfinden kann. Das wäre bei Ihnen, einer verwaltungsgeprägten Kultur vielleicht ein Bedürfnis. Man macht das so. Bei zischtig.ch machen wir das im Normalfall nicht. Da wir keine staatliche Finanzierung haben, würde das unser Angebot so verteuern, dass Sie das nicht mehr zahlen könnten. So pflegt zischtig.ch eine Kultur der „telefonischen Vereinbarungen“. Das als ein Beispiel. Natürlich gibt es noch andere Kulturen.
  • Finanzen: Auch wenn überall gespart werden soll, so müssen für Angebote mit Profis doch ernstzunehmende Beträge zur Verfügung gestellt werden. Und wenn das nicht geht, so ist es notwendig, auch mal unkompliziert andere Finanzierungsverfahren anzunehmen.
  • Wenn es um digitale Medien geht, so kann es auch sein, dass Sie plötzlich zwischen den Fronten stehen. Ein Kursanbieter will nur mit Tablets arbeiten und verlangt Zugang auf Ports die von der städtischen Informatik auf keinen Fall freigegeben werden wollen. Mein Tipp: Lassen Sie die Fachkräfte unter sich eine Lösung suchen. Eine Kursanbieterin könnte sich vorstellen mit den Bibliotheks-PC’s zu arbeiten. Aber es müsste Software installiert werden. Die ICT weigert sich und behauptet, es ginge auch so oder so: Hier braucht es in der Regel ein Machtwort von Oben oder Miet-PC’s. Die Kursleiter hätten recht. Aber die ICT-Leute haben die Macht. Wenn es um den Einsatz digitaler Technologien geht können Konflikte einfach entstehen.